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Sicilianische Lieder (7) – Chiron

Von

Immer zu Pferde; schon kehret der Mond, schon füllt er die Scheibe
Und der sikulische Herbst sieht mich noch immer zu Pferd.
Fast ein Centaur erscheinet sich selbst der wandernde Sänger.
Wohl ihm, fände sein Lied einen gelehr′gen Achill.

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Gedicht: Sicilianische Lieder (7) - Chiron von Wilhelm Friedrich Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sicilianische Lieder (7) – Chiron“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger, zeichnet ein Bild des ewigen Unterwegsseins und der Suche nach Anerkennung, verwoben mit der mythischen Figur des Kentauren Chiron. Der Vers beginnt mit der Beschreibung einer permanenten Bewegung: „Immer zu Pferde“, wodurch der Leser sofort in eine Atmosphäre der Rastlosigkeit und des Wanderns eingeführt wird. Die Präsenz des Mondes und der Herbst, die sich im Gedicht zeigen, suggerieren einen Kreislauf der Jahreszeiten und eine kontinuierliche Zeitachse, die den Wanderer scheinbar unaufhaltsam begleitet.

Die zweite Zeile verstärkt das Gefühl des Wanderns und der Einsamkeit. Waiblinger betont die Kontinuität: „Und der sikulische Herbst sieht mich noch immer zu Pferd“. Dies impliziert eine Erfahrung der Wiederholung und des Festhaltens an einem Zustand. Der wandernde Sänger, die lyrische Ich-Figur, wird mit einem Centaur verglichen. Diese Metapher ist besonders aufschlussreich. Chiron, der weise und gelehrte Kentaur aus der griechischen Mythologie, wird zum Spiegelbild des Sängers. Der Sänger ist wie Chiron, der ständig unterwegs ist und sein Wissen und seine Kunst teilt. Die Verbindung von Mensch und Pferd, also das Verschmelzen von Intellekt und Bewegung, unterstreicht die tiefe Verbundenheit des Sängers mit seinem eigenen Schaffen und dem Wunsch nach Sinnfindung.

In den beiden letzten Zeilen kulminiert das Gedicht in einem Wunsch. Der Sänger sehnt sich nach einem Publikum, das seine Kunst versteht und würdigt: „Wohl ihm, fände sein Lied einen gelehr’gen Achill“. Die Anspielung auf Achill, den Helden der griechischen Mythologie, ist hier von Bedeutung. Achill war ein Schüler Chirons und erlangte durch dessen Lehren große Macht und Ehre. Durch die Formulierung „gelehr’gen Achill“ wird der Wunsch nach einem Zuhörer, nach einem Empfänger ausgedrückt, der die Kunst des Sängers verstehen und schätzen kann. Der Sänger möchte einen gelehrten Zuhörer finden, der die Bedeutung seiner Lieder erfasst und ihm zu Ruhm und Anerkennung verhilft.

Zusammenfassend ist dieses Gedicht eine Reflexion über die Einsamkeit des Künstlers, seine Suche nach Sinn und die Sehnsucht nach Anerkennung. Waiblinger nutzt die Figur des Chiron und die Metapher des ewigen Wanderns, um die innere Welt des Sängers zu erkunden. Die Botschaft ist die eines Künstlers, der auf der Suche nach einem Publikum ist, das die Tiefe und Bedeutung seiner Kunst zu schätzen weiß, eine Suche, die ihn unaufhörlich in Bewegung hält.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.