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Niobe

Von

O so lang′ eine Mutter noch heilig ist, und nur Eine
Mutterbrust noch fürs Kind ihrer Umarmungen glüht;
Eine Seele noch leidet, und Eine den Schmerz noch der Liebe
Den unsäglichen fühlt, Eine für andre noch seufzt,
Eine mit menschlicher Kraft noch gefüllt ist, Eine mit Treue,
Eine das klopfende Herz liebend dem Tode noch weiht,
Bleibst du das heiligste rührendste Bild; denn es schuf dich die Liebe,
Sanft wie ein Muttergemüth, stark wie Olympische sind.
Reiche dem Tod nur den Busen, empfange den Pfeil nur und drücke
Sterbend dein furchtsames Kind schirmend und zärtlich an dich.
Dein erbarmen die Götter sich schon, ja die himmlische Schönheit
Zaubert ihr süßestes Licht schon auf die Stirne dir hin.
Kaum noch gewahr′ ich den menschlichen Schmerz, dein erhabenes Antlitz
Ist mir verklärt, und du sinkst eben dem Himmel in Arm.

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Gedicht: Niobe von Wilhelm Friedrich Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Niobe“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine ergreifende Ode an die mütterliche Liebe und das damit verbundene Leid und die Opferbereitschaft. Das Gedicht zelebriert die Unzerbrechlichkeit der mütterlichen Bindung, die selbst im Angesicht des Todes Bestand hat. Waiblinger wählt die antike Figur der Niobe als Verkörperung dieser universellen, tiefen Liebe, wodurch er das Gedicht mit mythologischer Tiefe und emotionaler Wucht auflädt. Die Verwendung von rhetorischen Fragen und Ausrufen unterstreicht die Intensität der Gefühle und verstärkt die emotionale Wirkung des Gedichts auf den Leser.

Das Gedicht entfaltet sich in einem Strom von bewundernder Hingabe an die Mutter, die bereit ist, alles für ihr Kind zu tun. Die ersten Verse beschwören die Heiligkeit der mütterlichen Liebe und stellen diese als eine der höchsten menschlichen Tugenden dar. Waiblinger betont die Einheit und Unteilbarkeit dieser Liebe, indem er das Wort „Eine“ wiederholt, um die Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit der mütterlichen Fürsorge zu unterstreichen. Die Zeilen sind geprägt von einer Mischung aus Schmerz und Stärke, was die ambivalente Natur der Mutterliebe widerspiegelt, die sowohl von Verletzlichkeit als auch von unerschütterlichem Mut zeugt.

Der zentrale Moment des Gedichts ist die Darstellung des Todes, der von der Mutter und dem Kind erlitten wird. Die Mutter wird dargestellt, wie sie ihr Kind beschützt, indem sie sich dem Tod entgegenstellt. Die Zeilen beschreiben ein Bild der Aufopferung, in dem die Mutter ihren Busen dem Tod darbietet, um ihr Kind zu schützen. Dieser Akt der Selbstaufopferung wird als heroisch und edel dargestellt, als ein Triumph der Liebe über den Tod. Durch diese Bilder von Schmerz und Opferung schafft Waiblinger eine eindringliche Darstellung des Mutterseins und seiner unendlichen Tiefe.

Das Gedicht findet seinen Höhepunkt in der Verklärung der Mutter. Der Schmerz verblasst und macht dem himmlischen Licht Platz, wodurch die Mutter in den Himmel aufgenommen wird. Dieser Übergang von irdischem Leid zu himmlischer Verklärung suggeriert eine Erlösung durch die Liebe und das Opfer. Die letzten Zeilen des Gedichts evozieren ein Gefühl des Trostes und der Hoffnung, indem sie die Mutter als ein Wesen von unsterblicher Schönheit darstellen. Die Verwendung des Verbs „verklärt“ deutet auf eine Transfiguration der Mutter hin, was die erhabene Qualität der mütterlichen Liebe und des Opfers unterstreicht.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.