Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
,

Nemi

Von

Suchest du schattiges Grün, so lockt dich der Hain der Diana,
Willst du dich kühlen, so lockt hier dich zum Bade der See.
Suchst du Weisheit, Egeria lehrt! Am Ruder des Staates
Saß sie mit Numa, und jetzt treibt sie die Mühle des Dorfs.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Nemi von Wilhelm Friedrich Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nemi“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine prägnante Reflexion über den Verlust der ursprünglichen Schönheit und Bedeutung, die mit dem antiken Kult verbunden war, und die damit einhergehende Vergänglichkeit. Es präsentiert eine Gegenüberstellung von einstiger Pracht und dem aktuellen, profanen Zustand.

Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung des „Hains der Diana“ und des „Sees“, welche die Natur als idyllischen Ort der Erholung und des Genusses beschreiben. Dies evoziert Bilder von Schönheit, Ruhe und göttlicher Verehrung. Der Dichter wendet sich aber direkt an den Leser mit der Frage, ob er „schattiges Grün“ oder „Kühlung“ sucht, und zeigt so gleichsam die Möglichkeiten, die dieser Ort bietet. Die Erwähnung der „Weisheit“ und der „Egeria“ deutet auf eine weitere Ebene der Reflexion hin, die über die rein ästhetische Wahrnehmung hinausgeht. Egeria, die mythologische Gemahlin des römischen Königs Numa Pompilius, steht für Weisheit und Inspiration.

Die zweite Hälfte des Gedichts vollzieht einen radikalen Wandel. Egeria, die einst am „Ruder des Staates“ mit Numa sass, also eine wichtige Rolle im politischen und spirituellen Leben innehatte, „treibt jetzt die Mühle des Dorfs.“ Dieser Kontrast ist zentral für die Botschaft des Gedichts. Er symbolisiert den Verfall, die Entweihung des Heiligen und die Ernüchterung. Die Mühle, ein alltägliches Arbeitsgerät, steht für die Profanierung des Ortes, der einst ein Zentrum der Spiritualität und der Weisheit war.

Die Kürze des Gedichts, seine präzise Sprache und die klare Strukturierung in Frage und Gegenüberstellung verstärken die Wirkung der Botschaft. Waiblinger vermittelt auf subtile Weise ein Gefühl von Verlust und Melancholie. Die Vergänglichkeit des Schönen und die Unvermeidlichkeit des Wandels werden angesprochen. Das Gedicht ist eine kluge Beobachtung der Transformation von Orten und Idealen, die durch die Zeit und den Wandel der Gesellschaft erfahren werden.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.