Wär′ ich vielleicht im Olymp? Hier seh′ ich Fabel, Geschichte,
Rom, Aeneas, Ulyß und die homerische See,
Ist es der Pegasus, der den Wandrer zum Berge herauftrug?
Nein! die moderne Welt kommt hier zu Esel herauf.
Monte Cavo
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Monte Cavo“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine kurze, aber vielschichtige Reflexion über die Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität, zwischen historischer Größe und moderner Banalität. Das Gedicht beginnt mit einer rhetorischen Frage, die den Leser in eine Welt der mythischen und literarischen Referenzen einführt: „Wär′ ich vielleicht im Olymp?“. Der Dichter scheint sich in einer erhabenen Landschaft zu befinden, in der er die „Fabel, Geschichte, Rom, Aeneas, Ulyß und die homerische See“ erblickt. Dies erzeugt den Eindruck, dass der Ort, an dem sich der Dichter befindet, mit der glorreichen Vergangenheit und der mythischen Welt verbunden ist.
Die nächste Frage, „Ist es der Pegasus, der den Wandrer zum Berge herauftrug?“, deutet auf eine romantische Vorstellung von Inspiration und Transport hin, verbunden mit dem Mythos des geflügelten Pferdes. Dies verstärkt den Eindruck der Erhabenheit und des Erwartungshorizontes, der mit der Besteigung eines Berges, insbesondere eines Ortes mit historischer Bedeutung, verbunden ist. Der Dichter scheint nach etwas Außergewöhnlichem zu suchen, nach einer Erfahrung, die ihn in die Welt der Götter oder Helden versetzt. Die erste Hälfte des Gedichts kreiert somit einen Kontext des Erhabenen, des Heroischen und des Mythischen.
Der Wendepunkt und die eigentliche Pointe des Gedichts kommen im letzten Vers: „Nein! die moderne Welt kommt hier zu Esel herauf.“ Diese Zeile ist eine überraschende und ironische Abwertung. Die anfängliche Erwartung, sich in einer Welt der Götter und Helden zu befinden, wird durch die nüchterne Feststellung konterkariert, dass der Berg nicht von den „Pegasi“ der Inspiration, sondern von den „Eseln“ der modernen Welt, symbolisch für die gewöhnlichen, unspektakulären Menschen, bestiegen wird. Dies ist eine deutliche Kritik an der Verflachung der Welt und am Verlust der Romantik.
Insgesamt ist „Monte Cavo“ ein kurzes, aber wirkungsvolles Gedicht, das die Erwartungen des Lesers untergräbt und eine Kritik an der Moderne formuliert. Es kontrastiert die Ideale der Vergangenheit mit der Realität der Gegenwart und zeigt die Diskrepanz zwischen dem, was erwartet wird, und dem, was tatsächlich gefunden wird. Waiblinger nutzt dabei Ironie und die Gegenüberstellung von hohen literarischen Referenzen und alltäglichen Bildern, um eine tiefgreifende Reflexion über die Veränderungen der Zeit und den Verlust von Idealen zu erzeugen.
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Lizenz und Verwendung
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