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Wir drei

Von

Unsere Seelen hingen an den Morgenträumen
wie die Herzkirschen,
wie lachendes Blut an den Bäumen.

Kinder waren unsere Seelen,
als sie mit den Leben spielten,
wie die Märchen sich erzählen.

Und von weißen Azaleen
sangen die Spätsommerhimmel
über uns im Südwindwehen.

Und ein Kuss und ein Glauben
waren unsere Seelen eins,
wie drei Tauben.

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Gedicht: Wir drei von Else Lasker-Schüler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wir drei“ von Else Lasker-Schüler beschreibt eine tiefe, fast mystische Verbindung dreier Seelen, die in einer kindlich-unberührten Welt existieren. Die lyrische Stimme blickt dabei in eine vergangene Zeit zurück, in der die Seelen noch frei, verspielt und voller Vertrauen waren. Der Titel verweist auf ein Trio, das in emotionaler und geistiger Harmonie verbunden war – ein kollektives Erleben von Unschuld, Nähe und vielleicht auch Liebe.

In der ersten Strophe wird diese Verbindung durch starke Naturbilder eingeführt: Die Seelen hängen „an den Morgenträumen“ wie „Herzkirschen“ oder „lachendes Blut an den Bäumen“. Diese Bilder wirken lebendig, sinnlich und zugleich verletzlich – Morgenträume deuten auf etwas Zartes und Flüchtiges hin, während „Herzkirschen“ ein Symbol für Liebe und kindliche Unschuld sein könnten. Der Ausdruck „lachendes Blut“ verbindet Vitalität mit Emotionalität und weist auf die Intensität der damaligen Empfindungen hin.

Die zweite Strophe setzt dieses Motiv fort und hebt das Spielerische hervor: Die Seelen „spielten“ mit dem Leben, wie Märchen es tun – ein Vergleich, der auf Phantasie, Leichtigkeit und das Vertrauen in das Gute hinweist. Die Welt der Kindheit wird hier als ungebrochen und magisch dargestellt, ein Raum des offenen Herzens, in dem nichts zerstört ist.

Die dritte Strophe verlagert den Fokus auf eine poetische Naturkulisse: „Spätsommerhimmel“, „weiße Azaleen“ und „Südwindwehen“ rufen ein Bild von Wärme, Harmonie und sanfter Vergänglichkeit hervor. Die Farbe Weiß und die Blume Azalee stehen für Reinheit und Sehnsucht, der Spätsommer deutet auf einen Übergang hin – von der Jugend in das reifere Leben, möglicherweise auch in eine Zeit des Verlusts.

In der letzten Strophe kulminiert das Gedicht in der Vorstellung einer vollkommenen seelischen Einheit: „Ein Kuss und ein Glauben“ reichen aus, um „unsere Seelen eins“ werden zu lassen. Das Bild „wie drei Tauben“ verstärkt die Vorstellung von Frieden, Zärtlichkeit und geistiger Nähe. Insgesamt evoziert das Gedicht eine idealisierte Erinnerung an eine tiefe seelische Verbundenheit, die im Nachklang melancholisch wirkt – als sei sie vergangen, aber unvergessen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.