Wenn ich im Dämmern liege, Drückt mich das Dunkel kaum. Wie eine weiche Wiege Wiegt mich der alte Traum, Der Traum der schönen Frauen, Wen tröstete der nicht?
Kaum fühl ich seine Hände, So neigen sich die Wände, Die nahe Nacht zerbricht, Und helle Bilder tauen Sanft nieder aus dem lauen Flutenden Rosenlicht.
Frauen
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Frauen“ von Stefan Zweig ist eine kurze, aber intensive Reflexion über die tröstliche und fast schon allgegenwärtige Präsenz von Frauen in der menschlichen Vorstellungswelt, besonders in Momenten der Melancholie und des Rückzugs. Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung der Atmosphäre des Dämmerns und des Dunkels, welche der Autor kaum als bedrückend empfindet. Stattdessen wird das Dunkel als eine „weiche Wiege“ beschrieben, was eine Atmosphäre der Geborgenheit und des Trostes suggeriert. Es ist diese Atmosphäre, die den Weg ebnet für die Erscheinung des Traumes von schönen Frauen, dem zentralen Thema des Gedichts.
Der zweite Abschnitt des Gedichts konzentriert sich auf die Wirkung dieses Traumes. Die bloße Vorstellung von Frauen, von ihrer Nähe und ihrem Trost, scheint genügend Kraft zu haben, um die äußere Realität zu verändern. Die „Wände“ scheinen sich zu neigen, die „nahe Nacht zerbricht“, was einen Übergang von der Dunkelheit in ein inneres Reich der Helligkeit und Wärme darstellt. Diese Veränderung wird durch das Bild „helle Bilder“ und „flutendes Rosenlicht“ verdeutlicht. Die Frauen, von denen der Autor träumt, erscheinen nicht als konkrete Individuen, sondern als eine abstrakte Idee von Schönheit, Trost und Geborgenheit, die in der Lage ist, die Schwere des Alltags zu erleichtern.
Die Verwendung des Wortes „Traum“ ist hier entscheidend. Es deutet darauf hin, dass das Gedicht nicht von realen Frauen handelt, sondern von einer idealisierten Vorstellung von ihnen, von einer Projektion der Sehnsucht und des Bedürfnisses nach Trost. Zweig nutzt diese Projektion, um die tiefe Sehnsucht des Menschen nach emotionaler Wärme und Geborgenheit auszudrücken. Das Gedicht impliziert, dass die bloße Erinnerung an Frauen, an ihre mögliche Gegenwart oder an die Vorstellung von ihrer Unterstützung, genügt, um innere Dunkelheit zu vertreiben.
Letztlich ist „Frauen“ eine Ode an die Macht der menschlichen Phantasie und die tröstende Kraft, die von Bildern und Erinnerungen ausgehen kann. Es ist ein Gedicht über die Fähigkeit des Menschen, in Momenten der Einsamkeit und Melancholie in die innere Welt der Träume und Sehnsüchte einzutauchen und dort Trost und Geborgenheit zu finden, repräsentiert durch das Bild der „schönen Frauen“. Die knappe Form des Gedichts, die klaren Bilder und die einfache Sprache verstärken die emotionale Wirkung und machen es zu einer berührenden Meditation über die menschliche Psyche.
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Lizenz und Verwendung
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