Abendtrauer, du klingende Laute, Seele des Dunkels, du Jugendvertraute,
Abendtrauer, du tröstendes Leid, Sanftes Gespiel meiner Einsamkeit,
Abendtrauer, du rauschende Kühle, – Abendtrauer, wie ich dich fühle!
Dunkle Lippen, mit Süße getränkt, Haben sich leise den meinen gesenkt,
Linde Hände mit zärtlichem Strich Rühren mein Antlitz und lassen mich
Ganz schon in wartender Wollust beben, Deiner Wehmut mich hinzugeben.
Abendtrauer
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Abendtrauer“ von Stefan Zweig ist eine subtile Reflexion über die Sehnsucht nach Trost und Geborgenheit, die in der Stille des Abends gefunden wird. Der Titel selbst deutet auf eine melancholische Stimmung hin, die das gesamte Gedicht durchzieht. Die Personifikation der Abendtrauer als „Seele des Dunkels“ und „Jugendvertraute“ deutet auf eine vertraute Begleiterin hin, die dem lyrischen Ich sowohl Trost als auch Verständnis bietet.
Die Wiederholung des Anrufs „Abendtrauer“ zu Beginn jeder Strophe verstärkt die Intensität der Gefühle und unterstreicht die zentrale Rolle, die diese Abendstimmung für das lyrische Ich spielt. Die Verwendung von Adjektiven wie „tröstendes“, „rauschende“ und „dunkle“ erzeugt eine sinnliche Atmosphäre, die die Leser in die Gefühlswelt des lyrischen Ichs eintauchen lässt. Die „klingende Laute“ und die „rauschende Kühle“ vermitteln akustische und taktile Eindrücke, die die Abendstimmung lebendig werden lassen.
Die zweite Strophe wechselt von der allgemeinen Beschreibung der Abendtrauer zu einer intimeren Ebene. Die „dunklen Lippen“ und „linde Hände“ deuten auf eine körperliche Annäherung und eine sinnliche Erfahrung hin. Diese Elemente lassen auf eine Verbindung zwischen der Trauer und einem Zustand der Erwartung und Wollust schließen. Das lyrische Ich scheint sich der Trauer hinzugeben, vielleicht als ein Weg, um tiefer zu fühlen und sich selbst besser zu verstehen.
Das Gedicht endet mit dem Gefühl der Hingabe an die „Wehmut“, die mit der Abendtrauer verbunden ist. Dies deutet darauf hin, dass die Trauer hier nicht als etwas Negatives empfunden wird, sondern als eine Quelle des Trostes und der Selbstwahrnehmung. Die Abendtrauer wird somit zu einer Metapher für die Akzeptanz der eigenen Gefühle und die Suche nach innerem Frieden in der Stille des Abends.
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Lizenz und Verwendung
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