Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , ,

Schwärmerey

Von

Wirst du mir stets den Seraphsfittig leihen,
du nektartrunkne, süße Schwärmerey?
Du wirst es nicht. – Verglimmen und zerrinnen
wird deine Gluth vor den getrübten Sinnen;
dein Wahnsinn bleibt dem kühlern Blut nicht treu.

Dies Saitenspiel, das rings mit Harmonieen
die ganze Erde magisch übergoß,
verrauscht und schweigt; die Phantasie verblühet,
der Lenz erbleicht, der Freude Gluth versprühet,
– ein Einz′ges nur bleibt ewig wechsellos!

Was nur allein des Zufalls Laune trotzet,
die schöne Blüthe reiner Menschlichkeit,
das uns allein zu freyen Wesen gründet,
woran allein sich unsre Würde bindet,
dies höchste Gut, es heißt – Selbstständigkeit.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Schwärmerey von Sophie Friederike Brentano

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schwärmerey“ von Sophie Friederike Brentano beschäftigt sich mit der Vergänglichkeit von Schwärmerei und der bleibenden Bedeutung der Selbstständigkeit. Das Gedicht beginnt mit einer direkten Anrede an die Schwärmerei, die als „nektartrunkne, süße Schwärmerey“ beschrieben wird. Die Frage nach dem Verbleib des „Seraphsfittigs“ deutet auf den Wunsch nach andauernder Inspiration und Euphorie hin. Die Antwort des Gedichts ist jedoch ernüchternd: Die Schwärmerei wird vergehen und ihre „Gluth“ vor dem Realismus der „getrübten Sinnen“ schwinden.

Der zweite Teil des Gedichts vertieft das Thema der Vergänglichkeit. Das „Saitenspiel“ der Harmonie, welches die Erde magisch überzog, verstummt, die Phantasie verblüht und die Freude verblasst. Diese Bilder symbolisieren das Verlöschen der Begeisterung und der Ideale, die mit der Schwärmerei einhergehen. Brentano zeigt auf, dass alles, was durch die Schwärmerei erzeugt wird, dem Wandel unterworfen ist und letztendlich verschwindet. Der Autorin geht es hierbei darum, die LeserInnen auf die Kurzlebigkeit von Gefühlen und Stimmungen aufmerksam zu machen und ihnen die Vergänglichkeit der Welt zu verdeutlichen.

Im Gegensatz zu dieser Vergänglichkeit wird im letzten Abschnitt die „schöne Blüthe reiner Menschlichkeit“ als etwas Ewiges hervorgehoben. Dieses höchste Gut, die „Selbstständigkeit“, trotzt dem Zufall und bildet die Grundlage für wahre Freiheit und Würde. Hier wird ein klarer Kontrast zwischen der flüchtigen Schwärmerei und der beständigen Bedeutung der menschlichen Autonomie gezogen. Brentano stellt die Selbstständigkeit als eine unveränderliche und wertvolle Eigenschaft dar, die im Gegensatz zur Vergänglichkeit der äußeren Einflüsse steht.

Das Gedicht kann als eine Reflexion über die Natur des menschlichen Geistes und die Suche nach bleibenden Werten verstanden werden. Es warnt vor der Abhängigkeit von flüchtigen Gefühlen und betont die Notwendigkeit, sich auf die eigenen inneren Werte und die Selbstständigkeit zu konzentrieren. Brentano versucht, ihre Leserschaft dazu anzuregen, über die Bedeutung von Unabhängigkeit nachzudenken und diese als das Fundament für ein erfülltes Leben anzusehen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.