Vor Drey Stücke, so mein Schöpfer mir so liebreich zugedacht,
Wird ihm auch mit allem Fleise, Ehre, Lob und Dank gebracht.
Erstlich, daß er mir Vernunft und Gesundheit hat geschenket,
Daß ich weiß, was Geist und Sinn mir zum Heyl und besten denket,
Und ich meine Leibes-Glieder froh und nützlich brauchen kan.
Zweytens, daß Lutheri Lehre mich von meiner Jugend an
Zu der wahren Kirche bracht, daß ich kan die Biebel lesen,
Denn dadurch kan ich von Schmerz, und von Angst und Noth genesen,
Und mein Herz auch frölich mache, wenn mich Kreuz und Trübsal trit.
Drittens, daß ich sterben werde, und ich stündlich einen Schritt
Nach dem sanften Grabe thu/ und daß meinem Lauf und Leben
Ziel und Stunde, Zeit und Maß ist gesetzet und gegeben.
Vor Drey Stücke, so mein Schöpfer mir so liebreich zugedacht…
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Vor Drey Stücke, so mein Schöpfer mir so liebreich zugedacht…“ von Sidonia Hedwig Zäunemann ist eine tief empfundene Dankbarkeitserklärung, die auf die zentralen Segnungen des Lebens ausgerichtet ist: Vernunft und Gesundheit, die Erkenntnis des evangelischen Glaubens und die Akzeptanz der Sterblichkeit. Es ist ein ergreifendes Zeugnis des Glaubens und der Dankbarkeit, das die Autorin in den Mittelpunkt ihres Lebens stellt, indem es die grundlegenden Werte des Lebens hervorhebt, die ihr von ihrem Schöpfer geschenkt wurden.
Der erste Teil des Gedichts preist die Gabe von Vernunft und Gesundheit, die es der Autorin ermöglichen, ihr Denken zu entfalten und ihre körperlichen Fähigkeiten zu nutzen. Diese beiden Aspekte sind eng miteinander verbunden, denn nur ein gesunder Geist in einem gesunden Körper kann die Welt verstehen und aktiv gestalten. Das Bewusstsein für die eigene Existenz und die Fähigkeit, diese mit Vernunft und gesundem Körper zu gestalten, bildet die Grundlage für Zäunemanns Dankbarkeit und ihre Fähigkeit, Ehre, Lob und Dankbarkeit zu empfinden.
Der zweite Teil des Gedichts befasst sich mit dem Glauben und der wahren Lehre Luthers, die die Autorin von Jugend an begleitet und zur evangelischen Kirche geführt hat. Durch diese Lehre, das Lesen der Bibel, findet sie Trost und Heilung von Schmerz, Angst und Not. Der Glaube wird hier als Quelle der Freude und des Trostes in Zeiten der Trübsal dargestellt. Es ist eine tiefe Verankerung im Glauben, die es der Autorin ermöglicht, die Widrigkeiten des Lebens mit Zuversicht und innerer Stärke zu begegnen.
Der abschließende Teil des Gedichts widmet sich der Akzeptanz der Sterblichkeit. Die Autorin ist sich ihrer Sterblichkeit bewusst und betrachtet den Tod als einen natürlichen Teil des Lebens. Dieses Wissen, das sie stündlich einen Schritt näher am Grab macht, gibt dem Leben eine besondere Bedeutung. Die Autorin findet Trost in der Vorstellung, dass ihrem Leben ein Ziel gesetzt ist und dass die Zeit gemessen wird. Diese Akzeptanz der Sterblichkeit führt nicht zur Resignation, sondern zur Wertschätzung des gegenwärtigen Augenblicks und zur Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
