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Unter das, von der Jungfer Dennern zu Hamburg…

Von

Der Pinsel eines Frauenzimmers trift ungemein, und stellt allhier
Den Grossen Weichmann im Gemählde recht lebhaft und natürlich für;
Allein den hocherhabnen Geist vermag auch in den schönsten Bildern
Kein Künstler, noch vielweniger ein Frauenzimmer abzuschildern.

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Gedicht: Unter das, von der Jungfer Dennern zu Hamburg... von Sidonia Hedwig Zäunemann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Unter das, von der Jungfer Dennern zu Hamburg…“ von Sidonia Hedwig Zäunemann ist eine kurze, aber prägnante Reflexion über die Grenzen weiblicher Kunstfertigkeit, speziell im Kontext der Malerei. Es beginnt mit einer Anerkennung des handwerklichen Könnens von Frauen, konkret der Malerin Jungfer Dennern aus Hamburg. Zäunemann lobt die Fähigkeit, im Gemälde „den Grossen Weichmann“ lebensecht darzustellen, was die technische Meisterschaft der Malerin unterstreicht.

Der kritische Kern des Gedichts liegt jedoch in der zweiten Hälfte, wo die Dichterin die Grenzen der weiblichen Kunstfertigkeit aufzeigt. Sie argumentiert, dass ein Frauenzimmer, also eine Frau, den „hocherhabnen Geist“ nicht darstellen kann, selbst in den schönsten Bildern. Dies deutet auf eine gesellschaftlich bedingte Einschränkung der künstlerischen Möglichkeiten von Frauen hin, die sich auf geistiger oder intellektueller Ebene ausdrückt. Der Begriff „Geist“ steht hier für höhere, transzendente oder intellektuelle Qualitäten, die nach Ansicht der Autorin in weiblicher Kunst nicht wiedergegeben werden können.

Die sprachliche Gestaltung des Gedichts ist relativ schlicht, aber wirkungsvoll. Es nutzt die typischen Formen der barocken Sprache, wie die Verwendung von Fremdwörtern („ungemein“) und die grammatikalische Konstruktion, um eine gewisse Distanz und feierliche Ernsthaftigkeit zu erzeugen. Der Reim im Quartett verstärkt die strukturierte Natur des Gedichts und unterstreicht die Aussagen. Die scharfe Gegenüberstellung von „Pinsel“ und „Geist“ verdeutlicht den zentralen Konflikt zwischen handwerklicher Perfektion und dem Anspruch, das Wesentliche, das Geistige, darzustellen.

Das Gedicht spiegelt somit die gängigen Vorurteile und geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen wider, die im 18. Jahrhundert in Bezug auf Kunst und Künstler herrschten. Es thematisiert die Einschränkungen, denen Frauen in der Kunstwelt ausgesetzt waren, und wirft gleichzeitig Fragen nach dem Wesen von Kunst und den Grenzen der künstlerischen Darstellung auf. Zäunemanns Gedicht ist ein interessantes Zeugnis der Zeit, in dem sie sowohl die Fähigkeiten weiblicher Künstlerinnen anerkennt als auch die Einschränkungen, denen sie unterlagen, kritisch reflektiert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.