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Du machst mich traurig

Von

Bin so müde.
Alle Nächte trag ich auf dem Rücken,
auch deine Nacht,
die du so schwer umträumst.

Hast du mich lieb?
Ich blies dir arge Wolken von der Stirn
und tat ihr blau.

Was tust du mir in meiner Todesstunde?

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Gedicht: Du machst mich traurig von Else Lasker-Schüler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Du machst mich traurig“ von Else Lasker-Schüler ist eine zarte, aber zugleich tieftraurige Klage über emotionale Erschöpfung und unerwiderte Fürsorge in einer Beziehung. Es thematisiert das Ungleichgewicht zwischen Geben und Empfangen, zwischen Nähe und Kälte – und stellt die Frage nach Liebe und Trost angesichts existenzieller Einsamkeit.

Gleich zu Beginn wird der Zustand des lyrischen Ichs durch das einfache „Bin so müde“ eingeführt – ein Satz, der mehr als körperliche Erschöpfung ausdrückt. Es ist eine Müdigkeit der Seele, eine Last, die sich durch alle Nächte zieht, symbolisch für Sorgen, Träume und emotionale Bürden. Bemerkenswert ist dabei, dass das Ich nicht nur seine eigenen Nächte trägt, sondern auch „deine Nacht, / die du so schwer umträumst“. Diese Zeile verdeutlicht ein mitfühlendes, aufopferndes Verhältnis: Die Müdigkeit entsteht nicht nur aus dem eigenen Leid, sondern auch aus dem Mittragen der seelischen Schwere des anderen.

Die zentrale Frage „Hast du mich lieb?“ steht isoliert im Raum – ein Ausdruck tiefer Unsicherheit und Bedürftigkeit. In der folgenden Zeile wird klar, dass das lyrische Ich sich um den anderen bemüht hat: Es „blies dir arge Wolken von der Stirn / und tat ihr blau“. Dieses poetische Bild zeigt einen liebevollen Akt: Das Entfernen dunkler Gedanken und ihre Verwandlung in etwas Helles, Friedliches. Doch es bleibt unklar, ob diese Geste erwidert oder überhaupt bemerkt wurde.

Der letzte Vers bringt eine existenzielle Tiefe in das Gedicht: „Was tust du mir in meiner Todesstunde?“ Diese Frage verbindet die emotionale Müdigkeit mit einer letzten Hoffnung auf Zuwendung im Moment des Abschieds. Es ist ein leiser, fast resignierter Appell – nicht an die Gegenwart, sondern an einen zukünftigen, vielleicht unausweichlichen Moment der Wahrheit. Ob der andere dann da sein wird, bleibt offen – und diese Unsicherheit ist es, die das lyrische Ich so traurig macht.

Insgesamt ist das Gedicht eine feine, von Melancholie durchdrungene Miniatur über Fürsorge, Enttäuschung und stille Verzweiflung. Else Lasker-Schüler bringt hier mit wenigen Worten eine seelische Tiefe zum Ausdruck, die zwischen stiller Liebe und verletzter Einsamkeit oszilliert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.