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Alß sie ein Poëtischer Geist tribe

Von

Ich / der ich sonsten pflag von schlechten Dingen schreiben /
bin gänzlich umgekehrt / nun muß mein Lob wohl bleiben /
und grünen wie ein Zweig / iezt wil ich meinen Sinn /
von dem / das niedrig ist / biß in die Wolcken ziehn.
Die Göttin Fama wil mir selber Flügel geben /
die immer für und für am hellen Himmel kleben /
und wo der Venus Sohn hinfüro schiessen wil
nach mir / so raht ich / daß er in die Wolcken Ziel.
Da soll mein Ball=Plaz seyn / da soll das Glüder fliegen /
wie Spreu / das brennen muß / und allzeit unten ligen.
Die Clio bindet mir schon selbst die Lohrbeer=Kron /
die Ewig grünen wird / nun soll die Kunst den Lohn
erlangen / recht; So muß ein freyer Sinn bekleiben;
nuhn / ich will immer auch bey meinen Worten bleiben /
und steigen mit dem Sinn des Himmels Leiter an /
ein jeder sey bereit / daß er mir folgen kan.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Alß sie ein Poëtischer Geist tribe von Sibylla Schwarz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Alß sie ein Poëtischer Geist tribe“ von Sibylla Schwarz markiert einen deutlichen Bruch in der bisherigen Dichtung der Autorin und feiert den Aufbruch zu einer höheren, poetischen Ebene. Die ersten Verse zeigen einen Wandel von „schlechten Dingen“ zu einem Lobgesang, der in den Himmel aufsteigen soll. Dieser Übergang wird als eine Transformation des Geistes dargestellt, die das bisherige Schaffen hinter sich lässt und sich dem Erhabenen zuwendet. Die Dichterin kündigt eine Hinwendung zu edleren Themen an, die ihren Geist emporheben und in die Wolken tragen sollen.

Die zweite Hälfte des Gedichts wird durch die Anrufung der mythologischen Figuren wie Fama, Clio und Venus geprägt, was die hochgestimmte Atmosphäre zusätzlich verstärkt. Fama, die Göttin des Ruhms, verleiht der Dichterin Flügel, die sie am Himmel verankern. Dieses Bild symbolisiert den unvergänglichen Ruhm und die ewige Präsenz der Dichtung. Die Anspielung auf den Liebesgott, der seine Pfeile in Richtung der Dichterin richten könnte, wird durch die Aufforderung konterkariert, in die Wolken zu zielen. Hier wird der Wunsch nach einer Loslösung von weltlichen Begierden und eine Konzentration auf die Kunst betont.

Die Natur der Kunst wird nun explizit thematisiert, indem der Ballplatz und die fliegenden „Glüder“ (vermutlich Glut oder Funken) als Metaphern für das künstlerische Schaffen dienen. Die „Glüder“, verglichen mit Spreu, unterstreichen die Vergänglichkeit irdischer Dinge und die Bedeutung der Kunst, die sich über diese erhebt. Die Krönung mit der Lorbeerkrone durch Clio, die Muse der Geschichte und Geschichtsschreibung, steht für den endgültigen Triumph der Kunst und die Unsterblichkeit des dichterischen Werks.

In den abschließenden Versen manifestiert sich ein starkes Bekenntnis zur poetischen Berufung. Die Dichterin verspricht, ihren Worten treu zu bleiben und mit ihrem „Sinn“ die Himmelsleiter zu erklimmen. Dieser Aufruf an die Leser, ihr zu folgen, deutet auf eine gemeinsame Erhebung und eine geteilte Erfahrung der Kunst hin. Es ist ein Appell an die Leser, sich von den niedrigen Dingen zu lösen und sich der Schönheit und dem höheren Sinn der Poesie zu öffnen. Schwarz kreiert hier ein Manifest für die Kunst als Weg zur Transzendenz.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.