Vorfrühling
Märzstaub fliegt auf. Es fröstelt leicht.
Der Tag in langer Dämmrung bleicht.
Vom Wind das Pflaster blank gefegt.
Es klingt verloren, was sich regt.
Der Kinder Spiel ist eben aus.
Die Mütter winken sie ins Haus.
Es schreit in mir: Verratnes Herz!
Doch geh ich schweigend frühlingwärts.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Vorfrühling“ von Hedwig Lachmann beschreibt eine Szene, die sowohl die äußere Natur als auch die innere Gefühlswelt der Sprecherin miteinander verknüpft. Zu Beginn wird ein leichter „Märzstaub“ erwähnt, der das Bild eines frischen, aber noch kühlen Frühjahrs heraufbeschwört. Die „lange Dämmrung“ des Tages lässt auf den späten Nachmittag oder Abend schließen, was eine melancholische Stimmung erzeugt, die durch den „fröstelnden“ Hauch des Frühlings noch verstärkt wird.
Die zweite Strophe beschreibt, wie der Wind das „Pflaster blank fegt“ und eine fast leere, stille Atmosphäre vermittelt. Das „verloren“ klingende Geräusch, das sich regt, könnte auf die spürbare Leere der Szene hinweisen, in der nur noch schwache Echos der Aktivität zu hören sind. Diese Momentaufnahme verweist auf den Übergang von einer intensiven, lebendigen Zeit zu einer ruhigeren, weniger greifbaren Stimmung.
Das Bild der Kinder, deren Spiel gerade endet und deren Mütter sie ins Haus winken, verstärkt das Gefühl der Übergangszeit – der Frühling bricht an, doch die Kindheit und die unbeschwerte Freude werden von den Verantwortlichkeiten und dem Erwachsenwerden abgelöst. Die Szene scheint eine Stillstellung der Zeit zu suggerieren, in der das Leben in die Alltäglichkeit zurückkehrt.
In der letzten Zeile entfaltet sich das Gedicht zu einer intensiven, persönlichen Reflexion der Sprecherin. Der „Verrat“ im Herzen verweist auf unerfüllte Wünsche, Enttäuschungen oder innere Konflikte, die mit dem Außen in Konflikt stehen. Doch trotz dieser inneren Zerrissenheit geht die Sprecherin „schweigend frühlingwärts“, was eine Suche nach Erneuerung und Veränderung symbolisiert – der Frühling wird hier nicht nur als Jahreszeit, sondern als Hoffnung und eine stille Sehnsucht nach Veränderung wahrgenommen.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.