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Die Gazelle

Von

Gazella Dorcas

Verzauberte: wie kann der Einklang zweier
erwählter Worte je den Reim erreichen,
der in dir kommt und geht, wie auf ein Zeichen.
Aus deiner Stirne steigen Laub und Leier,

und alles Deine geht schon im Vergleich
durch Liebeslieder, deren Worte, weich
wie Rosenblätter, dem, der nicht mehr liest,
sich auf die Augen legen, die er schließt:

um dich zu sehen: hingetragen, als
wäre mit Sprüngen jeder Lauf geladen
und schösse nur nicht ab, solang der Hals

das Haupt ins Horchen hält: wie wenn beim Baden
im Wald die Badende sich unterbricht:
den Waldsee im gewendeten Gesicht.

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Gedicht: Die Gazelle von Rainer Maria Rilke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Gazelle“ von Rainer Maria Rilke ist eine zutiefst sinnliche und kontemplative Auseinandersetzung mit der Schönheit, Anmut und dem Wesen der Gazelle. Rilke, bekannt für seine bildhafte Sprache und seine Fähigkeit, tiefgründige Emotionen zu evozieren, nutzt das Tier als Metapher für eine flüchtige, fast transzendente Erfahrung von Schönheit und Vollkommenheit. Das Gedicht entfaltet sich in einer Reihe von Bildern, die das Wesen der Gazelle erfassen wollen.

Die ersten vier Zeilen etablieren eine Verbindung zwischen der Gazelle und der Sprache, indem sie die Frage nach der Angemessenheit des Reims stellen, um die Gazelle zu beschreiben. Rilke scheint anzudeuten, dass die Gazelle so vollkommen ist, dass sie sich der Beschreibung durch Worte entzieht. Die Bilder von „Laub und Leier“ aus der Stirn der Gazelle symbolisieren die Verschmelzung von Natur und Kunst, von Wildheit und Harmonie, die das Tier verkörpert. Der Vergleich mit Liebesliedern, deren Worte wie Rosenblätter wirken, die sich auf die geschlossenen Augen legen, verstärkt den sinnlichen Aspekt und deutet auf die Fähigkeit der Gazelle hin, eine tiefe emotionale Resonanz auszulösen.

In den folgenden Strophen wird die Bewegung und der Ausdruck der Gazelle hervorgehoben. Die Metapher des Ladens und Abfeuerns eines Schusses, wobei der Hals das Haupt im „Horchen“ hält, erfasst die Spannung und das Potenzial für Bewegung, die in der Gazelle innewohnen. Diese Zeilen betonen die flüchtige Natur der Schönheit und die Fähigkeit der Gazelle, gleichzeitig präsent und flüchtig zu sein. Das Bild der Badenden, die sich im Wald unterbricht, führt eine weitere Ebene der Kontemplation ein, die auf die flüchtige Natur der Schönheit und die Unfähigkeit des Betrachters, diese vollständig zu erfassen, verweist.

Das Gedicht endet mit dem Bild des „Waldsee(s) im gewendeten Gesicht“, wodurch die Essenz der Erfahrung im Betrachter selbst verankert wird. Das reflektierte Bild im See, wie das Bild der Gazelle, ist flüchtig und entzieht sich der direkten Erfassung. Rilke erzeugt somit eine Stimmung der Ehrfurcht und des Staunens. Das Gedicht ist eine Meditation über die Schönheit, die durch die Gazelle repräsentiert wird, und die Unmöglichkeit, diese vollständig zu erfassen. Es ist ein Aufruf zur Achtsamkeit und zur Wertschätzung der flüchtigen Momente der Schönheit, die uns umgeben.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.