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An Wera

Von

Dich aber will ich nun, Dich, die ich kannte
wie eine Blume, von der ich den Namen nicht weiß,
noch ein Mal erinnern und ihnen zeigen, Entwandte,
schöne Gespielin des unüberwindlichen Schrei′s.

Tänzerin erst, die plötzlich, den Körper voll Zögern,
anhielt, als göß man ihr Jungsein in Erz;
trauernd und lauschend -. Da, von den hohen Vermögern
fiel ihr Musik in das veränderte Herz.

Nah war die Krankheit. Schon von den Schatten bemächtigt,
drängte verdunkelt das Blut, doch, wie flüchtig verdächtigt,
trieb es in seinen natürlichen Frühling hervor.

Wieder und wieder, von Dunkel und Sturz unterbrochen,
glänzte es irdisch. Bis es nach schrecklichem Pochen
trat in das trostlos offene Tor.

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Gedicht: An Wera von Rainer Maria Rilke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Wera“ von Rainer Maria Rilke ist eine elegische Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, dem Abschied und dem Tod, verpackt in der Erinnerung an eine geliebte Person, vermutlich eine Frau namens Wera. Der Dichter versucht, die Erinnerung an sie festzuhalten und ihre kurze, intensive Lebenszeit zu würdigen. Das Gedicht bewegt sich zwischen Trauer, Bewunderung und dem Versuch, die Schönheit und das Leid des Lebens zu erfassen.

In der ersten Strophe wird Wera als eine „Blume, von der ich den Namen nicht weiß“ charakterisiert, was sowohl Intimität als auch Distanz suggeriert. Es ist eine innige Verbindung, die durch das Kennen und Erinnern an die geliebte Person ausgedrückt wird, aber auch die Unmöglichkeit, alles zu erfassen. Der „unüberwindliche Schrei“ deutet auf das tiefe Leid hin, das mit ihrem Tod verbunden ist, und positioniert sie als „schöne Gespielin“ dieses Schmerzes. Sie wird als jemand dargestellt, der sich dem Schmerz stellt, ihn aber auch durchlebt.

Die zweite Strophe beschreibt Weras Leben als eine Art Tanz, der durch die Krankheit und das Leid unterbrochen wird. Das Bild der „Tänzerin erst, die plötzlich, den Körper voll Zögern, / anhielt“ deutet auf eine plötzliche Lähmung, ein Innehalten, ein Stoppen des Lebensflusses hin. Die Krankheit wird als etwas dargestellt, das ihr junges Leben in Erz goss und sie veränderte. Die „Musik“ in ihrem Herzen deutet auf eine Innigkeit, eine Fähigkeit zur tiefen Erfahrung und ein Verständnis für die Melancholie und Schönheit des Lebens, die sie durch ihre Krankheit gewonnen hat.

Die letzte Strophe führt das Bild der Krankheit und des Todes weiter aus. Das Blut, das „verdunkelt“ ist, wird als von „Schatten bemächtigt“ beschrieben, aber es kämpft auch, „in seinen natürlichen Frühling hervor“ zu treiben. Dies unterstreicht die Stärke und den Lebenswillen, der in Wera bis zum Schluss existierte. Der „schreckliche Pochen“ und das „trostlos offene Tor“ sind klare Bilder des Todes, des Eintritts in eine andere Dimension, die für die Lebenden unvorstellbar ist. Das Gedicht ist eine Reflexion über das Leben, die Liebe und den Tod, verpackt in melancholischer Schönheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.