Das Märchen
Der Mondnacht Zaubersegen
im weichen Winde weht,
und auf waldwilden Wegen
das Märchen lautlos geht:
Blauaugen, kinderreine,
Blauaugen, lieb und fremd,
aus Spinnweb und Mondenscheine
ein Königshemd.
Ihr Haar von Gold gesponnen,
bis auf die Hüften rollt,
wie tausend sinkender Sonnen
verträumtes Dämmergold.
Blauaugen, kinderweiche,
sie tragen ein heilig Mal
aus heiligem Rätselreiche:
es war einmal …
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das Märchen“ von Manfred Kyber entführt den Leser in eine märchenhafte Welt, die von magischen und geheimnisvollen Elementen geprägt ist. Zu Beginn wird ein „Zaubersegen“ des Mondes beschrieben, der „im weichen Winde weht“, was eine Atmosphäre der Ruhe und des Zaubers schafft. Der „Zaubersegen“ lässt das Märchen „lautlos gehen“, was auf die leise und mystische Art der Erzählung hinweist – eine Geschichte, die mehr gespürt als gehört wird, und die den Leser in eine andere, unwirkliche Dimension führt.
In der zweiten Strophe wird eine mystische Gestalt vorgestellt, die „Blauaugen“ hat – ein Symbol für Reinheit, Unschuld und gleichzeitig Fremdheit. Die „kinderreinen“ Augen und die Verbindung zu „Mondenscheinen“ und „Spinnweb“ lassen diese Figur fast wie ein übernatürliches Wesen erscheinen, das aus der Welt des Unbekannten stammt. Das „Königshemd“, das aus Mondlicht und Spinnweben besteht, verstärkt den Eindruck von Magie und Erhabenheit, was diese Figur zu einer mystischen, königlichen Entität macht.
Das Bild des „Haars von Gold“, das bis auf die Hüften rollt, verstärkt das märchenhafte Bild und lässt die Figur noch mehr in einem mystischen Glanz erstrahlen. Das „Dämmergold“, das wie „tausend sinkender Sonnen“ wirkt, schafft eine Atmosphäre von sanfter Dämmerung und Übergang, in der Tag und Nacht miteinander verschmelzen. Diese Bildsprache vermittelt eine zarte, fast entrückte Schönheit und lässt die Grenzen zwischen Realität und Märchenwelt verschwimmen.
In der letzten Strophe wird die geheimnisvolle Herkunft der Figur weiter betont: „Blauaugen, kinderweiche“ tragen ein „heilig Mal“ aus einem „heiligen Rätselreiche“. Das „Mal“ verweist auf ein geheimnisvolles Zeichen, das die Figur aus einer anderen, mystischen Welt trägt. Der Ausdruck „es war einmal“ am Ende der Strophe deutet auf den Beginn eines Märchens hin, das in seiner Unbestimmtheit und Unendlichkeit die Leser in eine Welt des Zaubers und der Fantasie entführt. Der ganze Ton des Gedichts ist von einer Atmosphäre des Geheimnisses und der tiefen, unerklärlichen Schönheit durchzogen, die den Zauber eines Märchens lebendig werden lässt.
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Lizenz und Verwendung
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