Gigerlette
Fräulein Gigerlette
Lud mich ein zum Thee.
Ihre Toilette
War gestimmt auf Schnee;
Ganz wie Pierrette
War sie angethan.
Selbst ein Mönch, ich wette,
Sähe Gigerlette
Wohlgefällig an.
War ein rotes Zimmer,
Drin sie mich empfing,
Gelber Kerzenschimmer
In dem Raume hing.
Und sie war wie immer
Leben und Esprit.
Nie vergeß ichs, nimmer:
Weinrot war das Zimmer,
Blütenweiß war sie.
Und im Trab mit Vieren
Fuhren wir zu zweit
In das Land spazieren,
Das heißt Heiterkeit.
Daß wir nicht verlieren
Zügel, Ziel und Lauf,
Saß bei dem Kutschieren
Mit den heißen Vieren
Amor hinten auf.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Gigerlette“ von Otto Julius Bierbaum beschreibt eine Begegnung des lyrischen Ichs mit einer Frau namens Gigerlette, die zu einem Tee eingeladen hat. Das Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, wobei jede Strophe eine eigene Szene und Stimmung evoziert. Die erste Strophe zeichnet ein Bild von Gigerlette selbst und ihrem äußeren Erscheinungsbild, während die folgenden Strophen die Umgebung und die gemeinsame Unternehmung des lyrischen Ichs und Gigerlettes schildern.
Die erste Strophe stellt Gigerlette als eine Person dar, die in einem eleganten und spielerischen Stil gekleidet ist, fast wie Pierrette, eine Figur aus der Commedia dell’Arte. Die Erwähnung, dass selbst ein Mönch Gefallen an ihr finden würde, deutet auf ihren Reiz und ihre Anziehungskraft hin. Die Beschreibung von Gigerlettes Erscheinungsbild ist entscheidend, um die Atmosphäre der gesamten Begegnung zu verstehen. Ihr „auf Schnee gestimmte“ Toilette deutet auf Reinheit, Unschuld und eine gewisse Kühle hin, die im Kontrast zu den späteren, wärmeren Bildern der Umgebung steht.
Die zweite Strophe beschreibt das Zimmer, in dem das Treffen stattfindet, und die Atmosphäre, die durch die roten Wände und das gelbe Kerzenlicht erzeugt wird. Dieses Bild steht im deutlichen Kontrast zu Gigerlettes schneeweißem Outfit. Die Kombination von Farben und die Beschreibung von Gigerlettes lebhaftem Wesen erzeugen eine sinnliche und fast berauschende Atmosphäre. Der Kontrast zwischen der Kühle des Äußeren von Gigerlette und der Wärme der Umgebung suggeriert eine subtile Spannung, die die ganze Szene durchzieht.
Die dritte Strophe beschreibt eine gemeinsame Fahrt des lyrischen Ichs und Gigerlettes. Sie begeben sich „in das Land spazieren, das heißt Heiterkeit“. Die Anwesenheit von Amor, der „hinten auf“ der Kutsche sitzt, deutet auf die romantische Natur dieser Unternehmung hin. Diese letzte Strophe verlagert den Fokus von der Introspektion und der Beschreibung der Umgebung hin zu einem Bild der gemeinsamen Freude und des Vergnügens, das durch die Gegenwart der Liebe symbolisiert wird. Das Gedicht feiert somit die Freude am Moment und die Leichtigkeit der Liebe, eingebettet in eine spielerische und fantasievolle Welt.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.