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Ein Freudentag

Von

»Jaja, ich hab′ mir ′ne Pfeife gekauft,
eine Tabakspfeife von Ton!
Ja, Weibchen, ja: der »Ökonomie«
und aller Vernunft zum Hohn!

Haha, ich hab′ mir ′ne Pfeife gekauft,
eine stattliche Pfeife von Ton,
wie sie Mynheer van Holland raucht,
der reiche Zuckerbaron!

Ja lache nur, Weib, du hast ganz recht:
Ich rauch′ überhaupt keine Pfeif′;
doch weil ich so überglücklich war,
so mußt′ ich sie kaufen: begreif′!

Daß unser Junge nun wieder gesund,
das machte mich wunderfroh.
Und bin ich vergnügt, so kauf′ ich was,
ganz einerlei, was und wo.

Und bin ich vergnügt, so verschwend′ ich was,
leichtsinnig, wie ich nun bin.
So bin ich geboren, so sterb′ ich einst,
so leb′ ich inzwischen dahin.

Und siehst du: so hab′ ich die Pfeife gekauft;
ist sie nicht schön und lang?
Und gab, bei Gott! eine Mark dafür,
ein Markstück rund und blank.

Die Pfeif′ in der Hand, so schlendert′ ich hin
und sang und summte beglückt.
Die Spießer glotzten und stießen sich an
und grinsten: »Der ist verrückt.«

Und wenn du, mein Liebchen, dasselbe meinst,
ich stell′ es dir gänzlich frei.
Ich hab′ meine Pfeife von feinstem Ton;
da, Junge, schmeiß sie entzwei!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ein Freudentag von Otto Ernst

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ein Freudentag“ von Otto Ernst beschreibt die überschwängliche Freude eines Mannes, die durch die Genesung seines Sohnes ausgelöst wird und sich in einem scheinbar irrationalen Kauf einer Tabakpfeife äußert. Die ersten Strophen etablieren die Pointe des Gedichts: Obwohl der Mann gar nicht raucht, hat er sich eine Pfeife gekauft – als Ausdruck seiner Freude und des unbeschwerten Umgangs mit Geld. Die anfängliche scheinbare Überraschung wandelt sich in eine Erklärung der Motivation, der Kern des Gedichts.

Die Struktur des Gedichts ist einfach und volkstümlich gehalten, mit einer klaren Reimstruktur und leicht verständlicher Sprache. Dies unterstreicht die Unmittelbarkeit und Ehrlichkeit der Gefühle des Mannes. Die Verwendung von Ausrufen wie „Jaja“, „Haha“ und „Ja lache nur“ verstärkt den Eindruck von überschwänglicher Freude und Leichtigkeit. Der Kontrast zwischen dem scheinbar unsinnigen Kauf und der tiefen Ursache – der Genesung des Sohnes – macht das Gedicht so ergreifend.

Im Verlauf des Gedichts entwickelt sich die Selbstdarstellung des Mannes. Er charakterisiert sich selbst als jemand, der in Momenten der Freude leichtsinnig ist und Geld ausgibt. Dies wird im Gegensatz zu einer „vernünftigen“ oder „ökonomischen“ Denkweise gesetzt, die durch die Figur der Ehefrau angedeutet wird. Die Reaktion der Spießer, die den Mann als „verrückt“ bezeichnen, spiegelt die allgemeine Erwartung an ein rationales Verhalten wider, was das Gedicht zu einer Kritik an der kleinbürgerlichen Enge und dem Streben nach Konformität macht.

Das abschließende Angebot des Mannes an seine Frau, die Pfeife zu zerbrechen, unterstreicht seine tiefe Freude und die Unwichtigkeit des Kaufs. Der Wert liegt nicht in der Pfeife selbst, sondern in der darin ausgedrückten Emotion. Es ist ein Statement der Freiheit und Unbeschwertheit gegenüber den gesellschaftlichen Erwartungen und ein klares Bekenntnis zur Freude an der einfachen Lebensart. Die Pfeife wird zum Symbol für die unbeschwerte Freude, die der Mann durch die Genesung seines Sohnes empfindet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.