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Abendbilder

Von

1
Friedlicher Abend senkt sich aufs Gefilde;
Sanft entschlummert Natur, um ihre Züge
Schwebt der Dämmerung zarte Verhüllung, und sie
Lächelt, die holde;

Lächelt, ein schlummernd Kind in Vaters Armen,
Der voll Liebe zu ihr sich neigt; sein göttlich
Auge weilt auf ihr, und es weht sein Odem
Über ihr Antlitz.

2
Stille wirds im Walde; die lieben kleinen
Sänger prüfen schaukelnd den Ast, der durch die
Nacht dem neuen Fluge sie trägt, den neuen
Liedern entgegen.

Bald versinkt die Sonne; des Waldes Riesen
Heben höher sich in die Lüfte, um noch
Mit des Abends flüchtigen Rosen sich ihr
Haupt zu bekränzen.

Schon verstummt die Matte; den satten Rindern
Selten nur enthallt das Geglock am Halse,
Und es pflückt der wählende Zahn nur lässig
Dunklere Gräser.

Und dort blickt der schuldlose Hirt der Sonne
Sinnend nach; dem Sinnenden jetzt entfallen
Flöt und Stab, es falten die Hände sich zum
Stillen Gebete.

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Gedicht: Abendbilder von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abendbilder“ von Nikolaus Lenau zeichnet ein idyllisches Bild des Abends, indem es verschiedene Aspekte der Natur und des menschlichen Erlebens in einer harmonischen Szenerie vereint. Die beiden Strophen erzeugen eine Atmosphäre der Ruhe und des Friedens, die von einer tiefen Naturverbundenheit geprägt ist. Lenau verwendet eine bildhafte Sprache, um die Schönheit des Abends zu erfassen und die Übergänge von Tag zu Nacht sanft zu gestalten.

Die erste Strophe konzentriert sich auf die Darstellung der Natur, personifiziert als schlafendes Kind in den Armen seines Vaters, wobei der Vater die Nacht oder den Abend darstellt. Die „zarte Verhüllung“ der Dämmerung und das sanfte Lächeln des Abends erzeugen ein Gefühl von Geborgenheit und Harmonie. Das „göttliche Auge“ des Vaters, das auf sein „Kind“ gerichtet ist, vermittelt ein Gefühl von Schutz und Liebe. Diese Beschreibung dient als Metapher für die Zuwendung der Natur und des Himmels zur Erde und suggeriert eine tiefe Verbundenheit zwischen den Elementen.

Die zweite Strophe erweitert das Spektrum und bezieht auch die Tiere und den Menschen mit ein. Der Wald, die Vögel, die Rinder und der Hirte werden als Teil dieser Abendlandschaft dargestellt. Der Übergang vom Tag zur Nacht wird durch die beschreibenden Details wie „Bald versinkt die Sonne“ und „Schon verstummt die Matte“ verdeutlicht. Die Vögel bereiten sich auf die Nacht vor, die Rinder werden träge, und der Hirte verweilt in stillem Gebet. Dies unterstreicht die natürliche Ordnung und die innere Einkehr, die mit dem Abend einhergehen. Die Erwähnung des betenden Hirten deutet auf eine spirituelle Dimension der Naturerfahrung hin, die Ruhe und Besinnung fördert.

Insgesamt strahlt das Gedicht eine Atmosphäre der Kontemplation und des inneren Friedens aus. Lenau nutzt die Abendbilder, um eine Welt zu beschreiben, in der Natur, Mensch und Tier im Einklang miteinander leben. Die sanfte Sprache und die detaillierte Beschreibung der Szenerie laden den Leser dazu ein, die Stille des Abends zu genießen und die Schönheit der Natur in all ihren Facetten zu betrachten. Die letzte Zeile mit dem Gebet des Hirten betont die Bedeutung der Besinnung und der spirituellen Verbindung mit der Umwelt, wodurch das Gedicht eine tiefere, ethische Dimension erhält.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.