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Seiner Freundin

Von

1814.

Als wir zum Schlagen rückten
Und nun die Stadt erblickten,
Bei der man künftig schwört;
Da dachten wir im Herzen
Auch an den zweiten Mai,
Und deine Wittwenschmerzen
Erwachten in uns neu.

Wir sahen Wolken schwimmen,
Wir hörten Geisterstimmen
Vom nahen Lützenheer.
Die Donner Gottes klangen
In Ost, Süd, Nord und West,
Da haben wir begangen
Der Brüder Leichenfest.

In jenen hehren Tagen
Hat mich, gleich milden Sagen,
Dein liebes Bild umschwebt.
Ich sah dein Antlitz scheinen,
Ein leuchtendes Panier,
Vernahm dein stilles Weinen
Um jenes Schlachtrevier.

Ich muß dich immer denken,
Muß immer mich versenken
In diesen Zaubersee.
Ich kann dich nicht verlieren,
Du Bild aus holder Zeit,
Und Myrthen seh′ ich zieren
Auch noch dein Wittwenkleid.

So muß es sich begeben,
In diesem Erdenleben
Blüht Schönheit aus der Qual.
So hat es Gott erkoren,
Der ewig treue Hirt,
Daß nur im Weh geboren
Ein Himmelsbürger wird.

In Schauern sich gestalten,
In Schmerzen sich entfalten,
Muß jedes Lebens Keim.
So wurden in den Tagen
Der ersten Christenheit
Durch Buße, Schmerz und Plagen
Die Märtyrer geweiht.

Und was wir jetzt erstehen
Aus tiefer Gruft gesehen
Im frischen Jugendglanz –
Es war mit Schmach beladen
Das werthe Vaterland,
Da winkte Gott in Gnaden
Und wählte unsre Hand.

Ein Wunder war′s zu sehen,
Wie er im Sturmeswehen
Durch unsre Länder fuhr,
Und alle Herzen brannten,
Den ersten Pfingsten gleich,
Nicht Rast noch Ruhe kannten,
Zu streiten für sein Reich.

Auch du hast ihm gegeben
Dein süßes Blütenleben
In stiller Opferung;
Auch deinen Namen melden
Soll man zu Gottes Ehr′,
Von allen seinen Helden
Gab keiner ihm wol mehr.

Wie freundlich ist sein Wille,
Des Trostes hat er Fülle
Für jede Menschenbrust,
Und was er hier muß nehmen,
Er bringt es reichlich ein,
Drum soll der Christen Grämen
Noch stets voll Freude sein.

Die weiße Himmelsrose,
Die Mutter, der im Schooße
Erblaßt der Heiland lag,
Maria schaut mit Lächeln,
Auf dich und Wilhelms Kind,
Und ihre Engel fächeln
Dir Tröstung kühl und lind.

Blick′ auf, du Vielbetrübte,
Sei fröhlich, Gottgeliebte,
Wie strahlt dein Liebesstern!
Mit Helm und Schwert und Lanze
Sieh′ dort auf Gottes Höh′n
Im Ueberwinderkranze
Bei Sanct Georg ihn stehn.

Und bis der Tag gekommen,
Wo die getrennten Frommen
Und aller Todten Schaar
Laut ladet in die Schranken
Der Engel Feldgeschrei –
Laß loben uns und danken,
Das Vaterland ist frei.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Seiner Freundin von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Seiner Freundin“ von Max von Schenkendorf, geschrieben im Jahr 1814, ist eine pathetische Liebeserklärung, die tief in den Kontext der Befreiungskriege eingebettet ist. Es verbindet die persönliche Trauer des Dichters um seine Geliebte mit dem kollektiven Schmerz und der Hoffnung des deutschen Volkes, das gerade gegen die napoleonische Fremdherrschaft kämpfte. Das Gedicht zeugt von einem tiefen Patriotismus und einem religiösen Glauben, die dem Kampf einen höheren Sinn geben und die Liebe zur Freundin in einen größeren, metaphysischen Rahmen stellen.

Die erste Hälfte des Gedichts beschreibt die Kriegserlebnisse und die damit verbundenen Gefühle von Verlust und Hoffnung. Der Dichter erinnert sich an die Gefechte, an die Schlacht bei Lützen und an die getöteten Kameraden. Die Erinnerung an die Freundin wird in diesen kriegerischen Kontext eingebettet. Ihr Bild schwebt in seiner Fantasie, tröstet ihn und gibt ihm Kraft. Die Zeilen „In jenen hehren Tagen / Hat mich, gleich milden Sagen, / Dein liebes Bild umschwebt“ zeigen, wie die Liebe zur Freundin als Quelle der Inspiration und des Trostes dient, die in den Wirren des Krieges und der Trauer Hoffnung spendet.

Die zweite Hälfte des Gedichts entwickelt eine religiöse und moralische Dimension. Die Leiden des Krieges werden als notwendiger Teil des irdischen Daseins gedeutet, in denen sich Schönheit aus Qual entfaltet. Die Analogie zu den ersten Christen, die durch Leiden und Schmerz zu Heiligen wurden, unterstreicht diesen Gedanken. Das Gedicht gipfelt in der Überzeugung, dass die Liebe zur Freundin und der Patriotismus, die Liebe zum Vaterland, durch das Opfer und die Entbehrungen des Krieges erst wirklich wertvoll und heilig werden. Die Freundin wird als Teil eines größeren, göttlichen Planes gesehen, in dem Leiden und Opfer einen tieferen Sinn haben und letztlich zum Sieg führen.

Die Verwendung religiöser Bilder wie „Himmelsrose“ (Maria), „Heiland“ und „Engel“ verstärkt die erhabene Atmosphäre und die Botschaft der Hoffnung. Die Freundin wird in einen himmlischen Kontext gestellt, wodurch ihre Liebe und ihr Leiden eine transzendentale Bedeutung erhalten. Das Gedicht endet mit einem Appell an die Freundin, sich zu freuen und getröstet zu sein, da das Vaterland befreit wurde. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die aus dem Leid geboren wurde, ist die zentrale Botschaft des Gedichts. Es ist ein eindrucksvolles Zeugnis der engen Verbindung von Liebe, Glauben und Patriotismus im Kontext der Befreiungskriege.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.