Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
,

Manchem ward ein schöner Lied

Von

Manchem ward ein schöner Lied
Aber dies ist meines
Wenn auch kargen Scheines
Ohne Stolz und Unterschied
Du vernimmst es kaum.

Wie ein Raum den selbst ich rüste
So wie mirs genehm
Wie ein Mund den oft ich küsste
Meinem Mund bequem –
Ob ich auch so Mund als Raum
Reicher noch und schöner wüsste.

Ach in jenen kleinen Falten
Die sie schalten
Hat mein Leid sich eingedrückt
Und in jenem holden Stocken
Halb erschrocken
Schrak ich selbst – wie tief beglückt!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Manchem ward ein schöner Lied von Max Kommerell

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Manchem ward ein schöner Lied“ von Max Kommerell ist eine introspektive Reflexion über das persönliche Erleben von Schönheit, Schmerz und Ausdruck. Die Ich-Erzählerin oder der Ich-Erzähler spricht von einem „schönen Lied“, das ihm oder ihr zuteil wurde – jedoch ohne „Stolz und Unterschied“. Das Gedicht verweist darauf, dass das eigene Lied nicht auffällig oder prahlerisch ist, sondern leise und in einem bescheidenen Rahmen existiert. Diese Zurückhaltung wird durch den „kargen Schein“ betont, der das Lied umgibt, was die subtile Schönheit und das Fehlen von Überheblichkeit unterstreicht.

In der zweiten Strophe wird das Bild eines Raumes und eines Mundes verwendet, um die intime Beziehung zwischen dem Ich und dem Ausdruck seiner eigenen Welt darzustellen. Der Raum, den der Sprecher „selbst rüstet“, wird nach eigenen Vorstellungen und Wünschen gestaltet. Diese Vorstellung von Selbstbestimmung und persönlichem Einfluss auf die eigene Umgebung wird weiter vertieft, als der Mund als ein Ort der Kommunikation und Nähe beschrieben wird, der „oft geküsst“ wurde. Die Frage, ob der Mund oder Raum „reicher noch und schöner“ hätte sein können, deutet auf eine gewisse Sehnsucht nach einer tieferen oder vollständigen Erfüllung hin, ohne jedoch den gegenwärtigen Zustand vollständig zu verwerfen.

Die letzte Strophe des Gedichts enthält eine Wendung, in der das „Leid“ des Sprechers in den „kleinen Falten“ des Ausdrucks eingefangen wird. Diese Falten, die das Leben des Sprechers geprägt haben, scheinen sowohl eine Quelle des Schmerzes als auch der „tiefen Beglückung“ zu sein. Das Bild des „Stockens“ und des „erschrocken[en]“ Schreckens deutet darauf hin, dass der Sprecher mit dem eigenen emotionalen Zustand, möglicherweise mit der intensiven Erfahrung des Leidens, konfrontiert wird. Es ist jedoch ein Moment der Akzeptanz und der Erkenntnis, dass dieses Leid zu einer tiefen Form des Glücks und der persönlichen Erfüllung führen kann.

Kommerell zeigt in diesem Gedicht die Verbindung von Schönheit, Leid und persönlichem Ausdruck. Das „schöne Lied“, das der Sprecher singt, ist kein lautes, triumphales Lied, sondern ein zartes, persönliches und durch die eigenen Erfahrungen geprägtes. Das Gedicht reflektiert die Idee, dass das wahre Verständnis von Schönheit und Glück oft aus der Akzeptanz und der Reflexion über die eigenen Verletzlichkeiten und den damit verbundenen Schmerz entsteht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.