Das Bergschloß
Baden-Baden 1814.
Da droben auf jenem Berge,
Da stehet ein altes Haus,
Es schreiten zu Nacht und am Mittag
Viel Rittergestalten heraus.
Die weilten in herrlichen Tagen
Hier fröhlich am gastlichen Herd,
Sie haben viel Schlachten geschlagen,
Sie haben viel Becher geleert.
Das alles ist leider! vorüber,
In Trümmern das alte Thor;
Wer rufet aus Schutt und aus Grüften
Die mächtige Zeit uns hervor?
Und mag sie sich nimmer erheben,
Und hält sie der ewige Neid,
Wir wollen aufs Neue sie leben,
Die alte, die selige Zeit.
Wir sind hier zusammengekommen
Und sprengen den köstlichsten Wein,
Zum Wohnsitz der Freien und Frommen
Das Erbtheil der Deutschen zu weihn.
Sieh′ Bürger und Ritter aufs Neue
Erheben zum Schwure die Hand.
Wir meinen′s recht in der Treue,
Du liebes, du heiliges Land!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das Bergschloß“ von Max von Schenkendorf aus dem Jahr 1814, das in Baden-Baden entstanden ist, beschreibt eine nostalgische Sehnsucht nach vergangenen, glorreichen Zeiten und formuliert einen Aufruf zur Wiederbelebung dieser Ideale. Es beginnt mit der Beschreibung eines alten Schlosses, das auf einem Berg thront und in dem einst Ritter lebten, die im Mittelpunkt von Heldentaten und ausgelassenen Festen standen. Die erste Strophe etabliert die Szene, die mit dem Bild der „Rittergestalten“ eine Aura von Geschichte und vergangenen Ruhm aufbaut.
Die zweite und dritte Strophe des Gedichts konzentrieren sich auf den Kontrast zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Die fröhlichen Tage, in denen am „gastlichen Herd“ gefeiert und „viel Becher geleert“ wurden, sind nun „leider! vorüber“. Das einst stolze Schloss ist zu Trümmern geworden. Die Frage, wer die vergangene Zeit wieder hervorrufen kann, deutet auf eine Sehnsucht nach einer Wiederherstellung der alten Werte und Ideale hin. Der „ewige Neid“ wird als Hindernis für diese Wiedergeburt dargestellt, was möglicherweise auf die Zerstörung durch die Zeit, aber auch auf politische oder gesellschaftliche Umstände anspielt.
Die letzte Strophe markiert einen hoffnungsvollen Wendepunkt. Die Versammelten, eine Gemeinschaft von Bürgern und Rittern, erklären sich bereit, die glorreiche Vergangenheit wiederzubeleben. Durch das „Sprengen des köstlichsten Wein“ und das Schwören mit erhobener Hand wird ein Bekenntnis zur Treue und zur Hingabe an das „liebe, heilige Land“ abgelegt. Dies ist ein Aufruf zur Einheit und zur Erneuerung der Werte, die mit der Vergangenheit verbunden sind. Die Schlusspassage zeigt eine klare patriotische Ausrichtung, die in der Zeit der Napoleonischen Kriege von großer Bedeutung war.
Das Gedicht ist ein Ausdruck romantischer Ideale, die die Verehrung der Vergangenheit, die Bedeutung von Ehre und Treue und den Wunsch nach einer starken nationalen Identität betonen. Schenkendorfs Werk spricht nicht nur von einer nostalgischen Sehnsucht, sondern gibt eine klare Botschaft aus: Durch Zusammenhalt und das Bekenntnis zu den alten Tugenden kann eine bessere Zukunft geschaffen werden. Das „Bergschloß“ wird somit zum Symbol für die Überwindung des Verlustes und für die Hoffnung auf eine Wiedergeburt der deutschen Werte und Ideale.
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Lizenz und Verwendung
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