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Mit Gewitterfurcht in den Rippen

Von

Der Berg ist vom Gewitter umlauert, der Fluß steht fest wie angemauert.
Fluß und Abend und Berg erwarten den flatternden Ritter,
Den ersten Frühlingsblitz, von dem der Efeu im Garten
Im Vorgefühl schon rauschend erschauert.
Auf der Pappelinsel im Fluß flüchten die Amseln scheu,
Als ob bald die Insel im Blitzstrahl versinken muß,
Fällt der wie ein Schuß aus den Bergen ins Tal.
Dann, mit Gewitterfurcht in den Rippen,
Hält manche die Lippen hin zum ersten Kuß.

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Gedicht: Mit Gewitterfurcht in den Rippen von Max Dauthendey

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Mit Gewitterfurcht in den Rippen“ von Max Dauthendey beschreibt eine Atmosphäre der Spannung und Erwartung, die durch ein herannahendes Gewitter erzeugt wird und die Natur und das menschliche Empfinden gleichermaßen erfasst. Das Gedicht beginnt mit der Darstellung der drohenden Gewitterstimmung, die den Berg „umlauert“ und den Fluss wie erstarrt erscheinen lässt. Die Natur wird in einen Zustand der Anspannung versetzt, wobei der Dichter die erwartungsvolle Ruhe vor dem Sturm betont.

Die zweite Strophe vertieft diese Spannung, indem sie die Reaktionen der Natur auf die drohende Gefahr beschreibt. Der „flatternde Ritter“, also der Blitz, wird erwartet, und der Efeu im Garten reagiert schon mit einem instinktiven „Rauschen“, bevor der Blitz überhaupt einschlägt. Die Amseln flüchten panisch, als ob ihre kleine Welt, die Pappelinsel, durch den Blitz zerstört werden könnte. Diese Bilder erzeugen eine eindringliche Vorstellung von der Macht des Gewitters und der Zerbrechlichkeit der Natur.

Der Übergang vom Naturbild zum menschlichen Empfinden ist im letzten Vers von besonderer Bedeutung. Nach dem Einschlag des Blitzes und der Auflösung der Spannung durch den Sturm halten „manche die Lippen hin zum ersten Kuß“. Dies impliziert, dass die Angst vor dem Gewitter, die „Gewitterfurcht in den Rippen“, eine paradoxe Wirkung hat: Sie steigert die Intensität der Gefühle und führt zu einer erhöhten Bereitschaft, sich der Leidenschaft hinzugeben. Das Gedicht suggeriert, dass das Gefühl der Bedrohung und die Konfrontation mit der Vergänglichkeit die Sehnsucht nach Nähe und Liebe verstärken können.

Dauthendey nutzt in diesem Gedicht eine eindringliche Bildsprache und einfache, aber wirkungsvolle Reime, um die Atmosphäre der Spannung und die daraus resultierenden menschlichen Emotionen zu vermitteln. Die Natur dient als Spiegelbild des menschlichen Zustands, und die drohende Gewalt des Gewitters wird zur Metapher für die intensiven Gefühle, die in der menschlichen Seele brodeln. Das Gedicht fängt auf subtile Weise die Verbindung von Angst, Erwartung und dem Verlangen nach Liebe ein, die in Momenten der Gefahr oder der Unsicherheit besonders deutlich werden können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.