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Die Ehekämpen (4)

Von

Manchen Tag noch zog der wackre Reiter
Durch der Berge Labyrinth,
Bis sie öffnen weiter sich und weiter,
Und als einst die Nacht zerrinnt,

Als die Morgenlüste frischer schwellen,
Schaut er in das offne Land,
Wo die blauen, wundersamen Wellen
Rollt der Leman an den Strand.

Wie ein Traum voll Grausen und Entzücken
Hinter ihm die Müh′ entweicht,
Eine Welt entrollt sich seinen Blicken,
Fast an Schönheit unerreicht:

Einen duft′gen Zauberschleier weben
Lorbeer- und Kastaniengrün,
Hinter dem die blauen Fluthen schweben,
Zitternd auf und niedersprüh′n.

Hat der See den Himmel eingetrunken,
Daß er strahlt in solchem Blau?
Zu der Erde scheint der hingesunken,
Huldigend der hohen Frau,

Welche hier an Majestät und Schöne
Gleicht der stolzen Juno, wie
Sie, damit der höchste Reiz sie kröne,
Sich der Anmuth Gürtel lieh.

So erhaben und so hold und süße,
Den entzückten Blick sie grüßt,
Rebenhügel kränzen ihre Füße
Und das Haupt die Sterne küßt.

Wie sie Segen giebt mit vollen Händen,
Zeigt des Menschen friedlich Haus,
Hingestreut an allen Hügelwänden,
Baumumschattet lugt′s heraus. –

Doch nicht lang mag jetzt der Ritter schauen,
Auf springt er nach kurzer Rast.
Eilen muß er zu den holden Frauen,
Denn am Ziele ist er fast.

Wie der Adler stolz sein Nest nur klebet
An den Fels, in Tiefen nie,
So auf schroffer Bergwand dort erhebet
Sich das Schloß von Meillerie.

An der Pforte fraget er beklommen
Nach der Dame von Blonay,
Schlecht will ihm darauf die Antwort frommen,
Daß sie drüben überm See.

Kann er immer sich noch nicht entlasten
Von der auferlegten Schuld?
Einen Kahn sieht er am Strande rasten,
Springt hinein voll Ungeduld,

Faßt das Ruder an mit starken Händen,
Theilt die klare Zauberfluth;
Und hinüber nach den Rebgeländen
Steuert er sein Schifflein gut.

Lustig regt der Brise frisches Wehen
Rings ein stolzes Wellenheer,
Glänzend rieseln von den Wasserhöhen
Weiße Perlen zahllos her.

Wie von einem Traumgesicht umgaukelt,
Wo sich dränget Bild an Bild,
An dem Ufer er vorüberschaukelt,
Dem stets neuer Reiz entquillt.

Chillon, düstrer noch bei so viel Glanze,
Flieht vorbei, das Schattenhaus,
Freundlich winkt aus der Kastanien Kranze
Montreux′s Kirchlein schon heraus.

Nun, Geduld noch eine kurze Weile –
Vevay′s Thürme sind nicht weit,
Schon stürmt er heran in mächt′ger Eile,
Gönnt am Land sich keine Zeit.

Weiter, weiter geht es ohne Säumen
Nach dem Schlosse von Blonay,
Unterm Schatten von Kastanienbäumen
Liegt es droben auf der Höh′.

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Gedicht: Die Ehekämpen (4) von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Ehekämpen (4)“ von Luise Büchner erzählt die Geschichte eines Ritters, der durch eine landschaftlich beeindruckende Region reist, um seine Geliebte zu erreichen.

In der ersten Hälfte beschreibt das Gedicht die Reise des Ritters durch eine faszinierende Landschaft. Die Verse malen ein Bild von majestätischen Bergen, dem blauen See, der sich mit dem Himmel zu vereinen scheint, und der Schönheit der Natur. Büchner nutzt bildhafte Sprache, um die Pracht der Umgebung zu vermitteln, indem sie von „duft’gen Zauberschleiern“ und „blauen, wundersamen Wellen“ spricht. Diese Szenen dienen nicht nur der visuellen Darstellung, sondern auch der Schaffung einer Atmosphäre von Schönheit und Erwartung.

Die zweite Hälfte des Gedichts fokussiert sich auf das Ziel des Ritters: die Begegnung mit seiner Geliebten, der Dame von Blonay. Die Ankunft am See, die Ungeduld des Ritters, die Überquerung des Wassers und die Eile zum Schloss von Blonay zeigen die Entschlossenheit und Sehnsucht des Ritters nach seiner Liebsten. Die Erwähnung von Chillon und Montreux dient der weiteren Verortung und der Unterstreichung der landschaftlichen Reize, während der Ritter sich unaufhaltsam seinem Ziel nähert.

Das Gedicht ist durchzogen von Romantik und dem Drang nach Vereinigung. Die Beschreibung der Natur dient als Metapher für die Schönheit und die Hindernisse, die auf dem Weg zur Liebe überwunden werden müssen. Der Ritter wird durch seine Reise auf die Probe gestellt, doch seine Sehnsucht nach der Dame von Blonay treibt ihn an, alle Widrigkeiten zu überwinden. Die abschließende Beschreibung des Schlosses von Blonay unter den schattenspendenden Kastanienbäumen deutet auf ein glückliches Ende und die Erfüllung der Sehnsucht des Ritters hin.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.