Das Rosenband
Im Frühlingsschatten fand ich sie;
Da band ich sie mit Rosenbändern:
Sie fühlt‘ es nicht, und schlummerte.
Ich sah sie an; mein Leben hing
Mit diesem Blick an Ihrem Leben:
Ich fühlt‘ es wohl, und wußt‘ es nicht.
Doch lispelt‘ ich Ihr sprachlos zu,
Und rauschte mit den Rosenbändern:
Da wachte sie vom Schlummer auf.
Sie sah mich an; ihr Leben hing
Mit diesem Blick an meinem Leben,
Und um uns ward’s Elysium.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das Rosenband“ von Friedrich Gottlieb Klopstock schildert einen Moment zarten, beinahe mystischen Zusammenseins, in dem die Verbindung zwischen dem Sprecher und einer anderen Person intensiv und tief wirkt. Zu Beginn beschreibt der Sprecher, wie er die Person im „Frühlingsschatten“ findet und sie mit „Rosenbändern“ bindet. Die Rosenbänder, als Symbol für Liebe und Schönheit, stehen für eine zarte und liebevolle Handlung. Doch die Person ist in diesem Moment nicht bewusst und „schlummert“ – eine Metapher für die Unbewusstheit der Gefühle oder das Fehlen von Bewusstsein in diesem Augenblick. Der Sprecher scheint eine tiefe emotionale Verbindung zu der Person zu empfinden, obwohl diese noch nichts von dieser Bindung ahnt.
Im nächsten Vers wird deutlich, dass der Blick der Person für den Sprecher eine enorme Bedeutung hat: „Mein Leben hing mit diesem Blick an Ihrem Leben“. Dieser Blick ist ein Ausdruck der intensiven Verbindung zwischen den beiden, doch der Sprecher fühlt diese Verbindung intuitiv, ohne sie vollständig zu verstehen oder bewusst zu begreifen („Ich fühlte es wohl, und wußt‘ es nicht“). Das Gedicht zeigt eine gewisse Unbewusstheit und Zurückhaltung, bei der der Sprecher zwar tief von den Gefühlen bewegt ist, aber die ganze Tragweite dieser Verbindung noch nicht vollständig erfassen kann.
Der Moment der Handlung wird noch intensiver, als der Sprecher „sprachlos“ zu ihr „lispelt“ und erneut mit den Rosenbändern „rauscht“. Diese Geste, die von zarter Zuneigung und zärtlicher Liebe begleitet wird, scheint die Person zu wecken. Sie erwacht aus ihrem „Schlummer“ und reagiert auf die Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wird. In diesem Moment der Bewusstwerdung und gegenseitigen Wahrnehmung beginnt eine neue, erweckte Verbindung zwischen den beiden.
Der abschließende Moment des Gedichts, in dem die Person den Sprecher ansieht und auch ihr Leben „mit diesem Blick“ an seinem hängt, verstärkt die Vorstellung einer tiefen, gegenseitigen Verbundenheit. Die Welt um sie herum wird zu einem „Elysium“, einem Paradies – ein Ort des vollkommenen Glücks und der Erfüllung. Diese finale Vision einer himmlischen Einheit zwischen den beiden deutet darauf hin, dass durch diese zarte und doch kraftvolle Bindung eine transzendente, ideale Form der Liebe und des Verständnisses erreicht wurde. Klopstock zeigt hier die Kraft der Verbindung zwischen zwei Seelen, die durch den gemeinsamen Blick und die gemeinsame Erfahrung miteinander verschmelzen.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.