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An die Königin von Preussen

Von

Erwäg‘ ich, wie, in jenen Schreckenstagen,
Still deine Brust verschlossen, was sie litt,
Wie du das Unglück, mit der Grazie Tritt,
Auf jungen Schultern herrlich hast getragen,

Wie von des Kriegs zerrißnem Schlachtenwagen
Selbst oft die Schar der Männer zu dir schritt,
Wie trotz der Wunde, die dein Herz durchschnitt,
Du stets der Hoffnung Fahn uns vorgetragen:

O Herrscherin, die Zeit dann möcht ich segnen!
Wir sahn dich Anmut endlos niederregnen,
Wie groß du warst, das ahndeten wir nicht!

Dein Haupt scheint wie von Strahlen mir umschimmert;
Du bist der Stern, der voller Pracht erst flimmert,
Wenn er durch finstre Wetterwolken bricht!

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Gedicht: An die Königin von Preussen von Heinrich von Kleist

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Sonett „An die Königin von Preußen“ von Heinrich von Kleist ist eine idealisierende Huldigung an Königin Luise von Preußen, die zur Zeit der napoleonischen Kriege als Symbol für Mut, Anmut und moralische Größe galt. Kleist beschreibt sie als Lichtgestalt in dunkler Zeit – eine Frau, die trotz persönlichem Leid und politischer Katastrophen Stärke bewahrt und Hoffnung vermittelt.

Im ersten Quartett hebt Kleist besonders das stille Leiden und die würdevolle Haltung der Königin hervor. Ihre „Brust“ bleibt verschlossen, was auf innere Stärke und Selbstbeherrschung deutet. Trotz der Jugend („auf jungen Schultern“) trägt sie das „Unglück“ mit einer anmutigen Haltung, die bewundert wird. Die Verbindung von körperlicher Anmut und seelischer Kraft wird zu einem zentralen Motiv.

Das zweite Quartett beschreibt, wie selbst die Männer – Soldaten oder Staatsmänner – sich der Königin zuwenden, um Kraft und Orientierung zu finden. Obwohl ihr Herz selbst „durchschnitt“ – eine Metapher für seelische Wunden – bleibt sie Symbol der Hoffnung. Sie wird zur Trägerin der „Fahne“, also zum moralischen Vorbild in einer Zeit, in der politische Strukturen zerfallen.

Im Terzett steigert sich die Verehrung zur nahezu sakralen Glorifizierung. Kleist schreibt, man habe „Anmut endlos niederregnen“ sehen – ein Bild göttlicher Gnade oder metaphysischer Schönheit. Die Größe der Königin sei erst im Leid erkennbar geworden. Die Schlusszeile betont dies durch ein leuchtendes Himmelsbild: Die Königin wird mit einem Stern verglichen, der nicht trotz, sondern wegen der „finstren Wetterwolken“ besonders hell erstrahlt.

Kleist verbindet in diesem Gedicht politische Verehrung mit romantischer Überhöhung. Die Königin erscheint nicht nur als historische Figur, sondern als mythologisierte Gestalt, die in dunklen Zeiten Trost, Glanz und Orientierung spendet. Das Gedicht ist Ausdruck tief empfundener Bewunderung – und ein poetisches Denkmal für eine Herrscherin, die für Kleist Ideal und Hoffnungsträger zugleich war.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.