Schneeflocken
Wende ich den Kopf nach oben:
Wie die weißen Flocken fliegen,
Fühle ich mich selbst gehoben
Und im Wirbeltanze wiegen.
Dicht und dichter das Gewimmel;
Eine Flocke bin auch ich. –
Wieviel Flocken braucht der Himmel,
Eh die Erde langsam sich
Weiß umhüllt.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Schneeflocken“ von Klabund ist eine zarte, kontemplative Momentaufnahme, in der das lyrische Ich seine Wahrnehmung der Natur mit einer stillen Selbsterfahrung verbindet. Im Zentrum steht das Bild fallender Schneeflocken, das in seiner Leichtigkeit und Lautlosigkeit eine tiefe innere Bewegung auslöst.
Bereits in der ersten Strophe wird ein Gefühl von Loslösung und Schweben beschrieben. Der Blick nach oben lässt das Ich sich selbst „gehoben“ fühlen, als würde es Teil des „Wirbeltanzes“ werden. Die Grenze zwischen Beobachtendem und Beobachtetem beginnt sich aufzulösen. Diese Verschmelzung mit der Natur wird nicht dramatisch, sondern leise und beinahe träumerisch dargestellt.
In der zweiten Strophe erfolgt ein feiner Perspektivwechsel: Aus dem Menschen wird eine Flocke – ein winziger, fast bedeutungsloser Teil eines größeren Geschehens. Doch statt Trostlosigkeit vermittelt das Bild eine Art stiller Demut. Die Frage „Wieviel Flocken braucht der Himmel, / Eh die Erde langsam sich / Weiß umhüllt?“ führt das Motiv des Gedichts ins Philosophische: Es ist nicht nur eine Frage nach der Natur, sondern auch nach dem Verhältnis des Einzelnen zur Welt, nach Geduld, Wandlung und dem unsichtbaren Wirken vieler kleiner Teile.
Klabund nutzt eine einfache, klare Sprache, um eine stille Tiefe zu erzeugen. In wenigen Versen wird ein universelles Gefühl eingefangen: das menschliche Bedürfnis, sich als Teil eines größeren, sinnstiftenden Zusammenhangs zu erleben. „Schneeflocken“ ist damit ein poetisches Gleichnis für Vergänglichkeit, Verbundenheit und das stille Wunder der Welt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.