Die gefiederten Sängerfürsten
Die gefiederten Sängerfürsten des europäischen Festlandes
Können nicht nobel genug gepriesen werden
Dass ihnen (einmal doch)
Der Nobelpreis
In Gestalt von hunderttausend Säcken ff. Vogelfutter
Zufalle
Gold(körner)regen
Tropfend
Bespickt.
Die Namen
Der Ewigen
Der silbernen Dichter
(Mondstreif in der Polarnacht klingend)
Lauten
Läuten
(Ruhglocken am Ranft der Raserei):
Johann Wolfgang Heidelerche,
Friedrich Singdrossel,
Gotthold Ephraim Weidenlaubsänger.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die gefiederten Sängerfürsten“ von Klabund ist eine spielerische, zugleich ironisch überhöhte Hommage an die großen Dichter der deutschen Literatur – übertragen in die Welt der Vögel. Es verbindet auf ungewöhnliche Weise Naturbeobachtung, Sprachwitz und eine subtile Kritik an literarischem Kult und Auszeichnungssystemen wie dem Nobelpreis. Die Dichter werden hier nicht nur als „Fürsten“ des Gesangs gefeiert, sondern im wörtlichen Sinn zu gefiederten Wesen, deren poetisches Wirken durch ihre Vogelhaftigkeit neu interpretiert wird.
Bereits der Titel deutet diese metaphorische Verschmelzung von Dichtkunst und Natur an: Die „Sängerfürsten“ sind nicht nur Meister der Sprache, sondern auch der Klangwelt – wie Singvögel, die ihre Lieder dem Publikum darbieten. Der Verweis auf den „Nobelpreis“ wird augenzwinkernd ins Absurde gewendet: Statt einer Ehrung in Gold oder Ruhm sollen die „ausgezeichneten“ Dichter hunderttausend Säcke Vogelfutter erhalten – ein spielerischer Umsturz des Pathos, der die Idee von literarischer Ehre ironisch untergräbt.
Sprachlich bewegt sich das Gedicht zwischen feierlicher Aufzählung („Die Namen / Der Ewigen“) und absurder Lautmalerei („Lauten / Läuten / Ruhglocken am Ranft der Raserei“). Dieser Wechsel erzeugt einen fast dadaistischen Effekt, der den Ernst des Kulturbetriebs verspottet, aber dennoch eine gewisse Ehrfurcht gegenüber der Sprachkraft der benannten Dichter erkennen lässt. Die abschließenden Namen – „Johann Wolfgang Heidelerche“, „Friedrich Singdrossel“, „Gotthold Ephraim Weidenlaubsänger“ – sind witzige Wortschöpfungen, in denen große Namen der deutschen Literatur mit heimischen Singvögeln fusionieren.
Klabund gelingt es hier, auf charmante Weise die Aura des Dichterischen zu entzaubern, ohne sie völlig lächerlich zu machen. Die dichterischen Größen werden durch ihre Verwandlung in Vögel zugleich verniedlicht und geehrt – sie erscheinen als Teil eines natürlichen Kosmos, der Schönheit nicht durch Medaillen, sondern durch Gesang und Klang auszeichnet. Das Gedicht ist somit eine liebevolle Parodie auf literarischen Ruhm und ein Lob auf die Poesie als lebendige, klingende Kraft der Natur.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.