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Sonett

Von

In Waffen steht die Welt
Um Länder und um Geld,
Aus Friedensliebe zwar,
So heißt es immerdar.

Nur eines ruhig bleibt
Und ew’ge Blüten treibt,
Im Reich der Poesie,
Da streitet man sich nie. –

In reinem Element
Man keine Feindschaft kennt,
Die Mensch vom Menschen trennt.

Ob nahe oder weit
Man leidet mit, mit Leid –
Für jetzt und alle Zeit.

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Gedicht: Sonett von Friederike Kempner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sonett“ von Friederike Kempner thematisiert den Gegensatz zwischen der gewaltsamen, von Machtinteressen getriebenen Welt und dem friedvollen Reich der Poesie. In klarer, fast nüchterner Sprache entlarvt Kempner die Widersprüche politischer Rhetorik und setzt dem eine idealisierte Vorstellung von Dichtung entgegen, die als Ort menschlicher Verbundenheit und Mitgefühl erscheint.

Die ersten vier Zeilen beschreiben eine Welt „in Waffen“, in der Kriege um Länder und Geld geführt werden. Ironisch bemerkt Kempner, dies geschehe angeblich „aus Friedensliebe“ – ein klarer Hinweis auf die zynische Selbstrechtfertigung politischer Gewalt. Durch die Wortwahl entsteht ein kritischer Ton, der den moralischen Anspruch der realen Welt infrage stellt.

Dem gegenüber stellt sie das Reich der Poesie, das „ruhig bleibt“ und „ew’ge Blüten treibt“. Hier herrscht kein Streit, sondern Beständigkeit, Schönheit und Frieden. Die Poesie wird als ein Raum jenseits der politischen und gesellschaftlichen Zerstörung beschrieben, als Rückzugsort geistiger Harmonie. Diese Vorstellung knüpft an eine romantische Idee von Dichtung als moralisch reiner Sphäre.

In der dritten Strophe betont Kempner das „reine Element“ der Poesie, in dem keine Feindschaft existiert. Es wird deutlich, dass sie die Poesie nicht nur als ästhetischen, sondern als ethischen Raum versteht – einen Ort, an dem Menschen einander nicht entfremdet, sondern in Empathie verbunden sind.

Das Gedicht endet mit einer starken humanistischen Botschaft: Die Dichtung überwindet Distanz („ob nahe oder weit“) und ruft zur Solidarität im Leid auf. In einer Welt, die sich oft durch Gewalt definiert, bleibt das poetische Mitgefühl – „für jetzt und alle Zeit“ – als universale Kraft bestehen. So wird Kempners „Sonett“ zu einem stillen Manifest für die Poesie als Ort des Friedens, der Menschlichkeit und der zeitlosen Wahrheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.