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Für die Ostpreussen

Von

Düstre Nacht und lange Schatten
Über Land und über Meer,
Auf des Vaterlandes Matten
Schleicht das Elend hin und her.

Düstre Nacht und lange Schatten
Über Land und über Meer,
Die Gestalten, bleichen, matten,
Rücken immer, immer näh’r! –

Da – ein Leuchten längs des Meeres –
Ach, der Liebe Sonnenschein,
Stärker als die Macht des Heeres –
Rücket in die Nacht hinein.
Spricht zum Elend: horch, ich lehr‘ es,
Dass zuletzt der Sieg doch mein!

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Gedicht: Für die Ostpreussen von Friederike Kempner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Für die Ostpreussen“ von Friederike Kempner ist eine patriotisch getönte lyrische Reaktion auf Leidenszeiten, vermutlich im historischen Kontext des Deutsch-Französischen Krieges oder der Not im östlichen Preußen. Es verbindet eine düstere Schilderung von Krieg, Elend und Bedrohung mit einer hoffnungsvollen Wendung hin zur Kraft der Liebe und moralischen Überlegenheit. Die Form ist einfach, die Bilder klar und wirksam.

Die ersten beiden Strophen zeichnen ein Bild der Bedrängnis: „Düstre Nacht“ und „lange Schatten“ legen sich über das Land und Meer, das Elend geht um, bleiche, matte Gestalten nähern sich – vermutlich als Sinnbilder für Not, Flucht, Hunger oder auch die Bedrohung durch den Krieg. Die Wiederholung der ersten Strophe in leicht abgewandelter Form betont das Gefühl der Ausweglosigkeit und das Heranrücken einer scheinbar unaufhaltsamen Dunkelheit.

Doch dann erfolgt in der dritten Strophe ein Umschwung: Ein „Leuchten längs des Meeres“ kündet von einer neuen Kraft. Es ist „der Liebe Sonnenschein“, der dem militärischen Bild des „Heeres“ entgegengesetzt wird. Diese symbolische Liebe steht für Menschlichkeit, Trost, vielleicht auch für Heimatgefühl oder göttliche Gnade – sie ist stärker als Gewalt und Dunkelheit.

Am Ende wendet sich die „Liebe“ direkt an das Elend: „Horch, ich lehr’ es“ – sie will dem Leid eine Lehre erteilen, dass am Ende nicht Zerstörung, sondern Mitgefühl und Glaube siegen. Damit gibt Kempner dem Gedicht eine klare moralische Botschaft: In Zeiten der Not ist es nicht Macht, sondern Liebe und Hoffnung, die das Dunkel durchbrechen können.

„Für die Ostpreussen“ steht beispielhaft für Kempners humanistisches und zugleich tief patriotisches Empfinden. Sie verleiht dem Leid der Menschen eine Stimme, aber auch dem Glauben an Trost, Licht und den letztlichen Sieg der Menschlichkeit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.