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Da hab‘ ich gar die Rose

Von

Da hab‘ ich gar die Rose aufgegessen,
Die sie mir in die starre Hand gegeben!
Dass ich noch einmal würde Rosen essen,
Hätt nimmer ich geglaubt in meinem Leben!

Ich möcht‘ nur wissen, ob es eine rote,
Ob eine weiße Rose das gewesen?
Gib täglich uns, o Herr! von deinem Brote,
Und wenn du willst, erlös‘ uns von dem Bösen!

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Gedicht: Da hab‘ ich gar die Rose von Gottfried Keller

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Da hab’ ich gar die Rose“ von Gottfried Keller ist eine kurze, pointierte Reflexion, die in wenigen Versen existentielle Themen wie Tod, Erinnerung, Wunder und Gnade berührt. In seinem schlichten, fast kindlich anmutenden Ton entfaltet sich eine tiefere symbolische Bedeutung, die den Text weit über seine knappen Zeilen hinauswirken lässt.

Im Zentrum steht ein Ich, das aus einer Art Zwischenzustand spricht – vielleicht aus dem Tod oder der Nähe dazu. Die Zeile „die sie mir in die starre Hand gegeben“ deutet auf einen Zustand völliger Starre hin, möglicherweise sogar auf den Tod. Umso erstaunlicher ist die Wendung: Die Rose, Symbol für Schönheit, Liebe oder Erinnerung, wird gegessen – eine absurde, fast surreale Handlung, die jedoch Leben bedeutet. Das Ich erlebt einen unerwarteten Moment der Empfindung oder Rückkehr zum Leben.

Die anschließende Frage nach der Farbe der Rose („ob es eine rote, ob eine weiße“) bleibt unbeantwortet und offenbart ein Staunen über das Geschehene. Ob rot oder weiß – also Leidenschaft oder Unschuld – spielt letztlich keine Rolle mehr. Entscheidend ist das Wunder selbst, das mit einer fast kindlich-naiven Verwunderung betrachtet wird.

Die letzten beiden Zeilen nehmen das „Vaterunser“ auf – ein Gebet um tägliche Nahrung und Erlösung. Die Rose wird so auch mit dem „Brot des Lebens“ verknüpft, und die Bitte um Erlösung von dem Bösen gibt dem Gedicht eine religiös-philosophische Tiefe. Es schließt mit einem schlichten, aber bewegenden Wunsch: nach Nahrung, Trost und Befreiung.

„Da hab’ ich gar die Rose“ ist ein kleines, vieldeutiges Gedicht über Staunen, Gnade und die leise Berührung des Wunderbaren – mitten im Dunkel des Daseins. Gottfried Keller gelingt es, mit wenigen Worten eine Szene zu erschaffen, die zwischen Groteske und Ergriffenheit schwebt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.