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Meine Zufriedenheit

Von

Des längst versöhnten Schicksals Schluß
Heißt mich mein Brot so mühsam nicht gewinnen
Als eine der Tirolerinnen,
Die Haus an Haus besuchen muß.

Mein Finger zerrt an keinem Flachs,
Nie wird an einem kümmerlichen Rocken
Der weingewohnte Gaumen trocken,
Nie schmilzt die Sonne mich wie Wachs.

Wenn der beflammte Sirius
Den Schnitter brennt, den Wandrer müde machet,
Dann sitz ich, wo die Freude lachet,
Im Schatten und beim Überfluß!

O Freundin! wenn die Spinnerhand
Mühselig zieht an baumgewachsner Wolle,
Dann spiel ich meine leichte Rolle,
Die oft des Kenners Beifall fand!

Was will ich mehr vom Gott Apoll
Und von dem Vater aller Götter,
Der Blitze schleudert und dem Wetter
Gebietet, wenn’s uns weichen soll?

Nichts heisch ich, ob mir gleich das Ziel
Des Lebens weiter hingegrenzet würde,
Läßt nur bei meines Alters Bürde
Apollo mir mein Saitenspiel!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Meine Zufriedenheit von Anna Louisa Karsch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Meine Zufriedenheit“ von Anna Louisa Karsch schildert eine Haltung der inneren Zufriedenheit und des Überflusses, die durch die Abkehr von mühsamen, weltlichen Anstrengungen erreicht wird. Die Sprecherin stellt sich in einem Vergleich zu den „Tirolerinnen“, die harte, körperliche Arbeit verrichten müssen, während sie selbst in einer Position ist, in der sie sich diese Mühen ersparen kann. Das „Brot“ wird ihr nicht durch schwere Arbeit, sondern durch eine friedliche und genussvolle Existenz zuteil. Sie hat sich von den physischen Belastungen des Lebens befreit und lebt in einem Zustand der Leichtigkeit.

Die Sprecherin hebt hervor, dass sie nicht wie andere von den Elementen oder den täglichen Mühen des Lebens geplagt wird. Der „Flachs“ und der „Rocken“, Symbole für harte, handwerkliche Arbeit, kommen in ihrem Leben nicht vor, ebenso wenig wie das Schwitzen in der Sonne, das mit körperlicher Arbeit verbunden ist. Stattdessen genießt sie das Leben im Schatten und Überfluss, wenn die Sonne den „Schnitter“ brennt und die Wanderer ermüdet. Diese Darstellung zeigt eine klare Ablehnung von Entbehrung und körperlicher Mühe zugunsten von Genuss und innerer Zufriedenheit.

Der Gedichtverlauf wendet sich dann zu einer Reflexion über die „Spinnerhand“ und das „Saitenspiel“, die für das kreative und verspielte Element im Leben der Sprecherin stehen. Sie spielt „ihre leichte Rolle“, was darauf hinweist, dass sie sich mit Leichtigkeit und Freude in die Kunst und das Musizieren vertieft. Ihre Rolle als Künstlerin wird von anderen anerkannt, was ihr Bestätigung und Freude bringt. Im Gegensatz zur mühsamen Arbeit der Spinnerin lebt sie von einer Form von Kunst, die sowohl für sie selbst als auch für andere Erfüllung schafft.

Am Ende des Gedichts reflektiert die Sprecherin ihre Wünsche und Ansprüche gegenüber den Göttern, insbesondere Apollo, dem Gott der Kunst. Sie verlangt nichts anderes als das „Saitenspiel“, ein Symbol für die kreative Tätigkeit und Freude an der Kunst. Ihre Zufriedenheit ist also nicht an weltliche Besitztümer oder materielle Erfolge gebunden, sondern an die Möglichkeit, ihre Kunst zu leben und dabei im Einklang mit sich selbst zu bleiben. Die Botschaft des Gedichts ist eine tiefe Zufriedenheit im einfachen und kreativen Leben, das im Einklang mit den eigenen Wünschen und der persönlichen Berufung steht, ohne das Streben nach äußerem Ruhm oder Wohlstand.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.