Die Aussicht
Wenn in die Ferne geht der Menschen wohnend Leben,
Wo in die Ferne sich erglänzt die Zeit der Reben,
Ist auch dabei des Sommers leer Gefilde,
Der Wald erscheint mit seinem dunklen Bilde.
Dass die Natur ergänzt das Bild der Zeiten,
Dass die verweilt, sie schnell vorübergleiten,
Ist aus Vollkommenheit, des Himmels Höhe glänzet
Den Menschen dann, wie Bäume Blüt‘ umkränzet.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die Aussicht“ von Friedrich Hölderlin reflektiert die Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur sowie das transzendente Streben nach Vollkommenheit und Erleuchtung. Zu Beginn beschreibt Hölderlin das Leben der Menschen, das sich „in die Ferne“ bewegt, und verweist auf den symbolischen Kontext der „Zeit der Reben“, die für den Zyklus des Lebens und die fortschreitende Zeit stehen könnten. Die Ferne, in die sich das Leben erstreckt, scheint sowohl eine metaphorische als auch eine räumliche Dimension zu haben.
Der Dichter kontrastiert diese Fernsicht mit einem Bild der Leere, das durch die „leeren Gefilde des Sommers“ erzeugt wird. Hier wird der Sommer nicht als Zeit des Lebens und der Fülle, sondern als eine Zeit des Verlustes und der Verlassenheit dargestellt. Der Wald, der „mit seinem dunklen Bilde“ erscheint, könnte die dunklen, unbekannten Aspekte des Lebens symbolisieren, die sowohl von der Natur als auch von der menschlichen Existenz selbst geprägt sind.
Trotz der Dunkelheit und Leere, die das Bild zu Beginn vermittelt, erkennt Hölderlin, dass die Natur und die Zeit des Lebens miteinander verbunden sind und sich gegenseitig ergänzen. Die fließende Zeit und die vergänglichen Momente des Lebens – „die verweilen, sie schnell vorübergleiten“ – sind Teil eines größeren, vollkommeneren Ganzen, das von der „Höhe des Himmels“ und der Schönheit der Natur erleuchtet wird. Diese Vollkommenheit wird im Bild der Bäume und ihrer Blüten veranschaulicht, die den Menschen umkränzen und ihn auf das höhere Ziel hinweisen.
Das Gedicht zeigt Hölderlins Vorstellung, dass die Natur und der Mensch in einer engen Beziehung zueinander stehen und dass das Streben nach Vollkommenheit und Erleuchtung sowohl in der physischen als auch in der spirituellen Welt zu finden ist. Die „Blüte“ der Bäume, die den Menschen umkränzt, kann als Symbol für das ideale Ziel menschlichen Strebens verstanden werden: das Erreichen einer harmonischen und vollkommenen Verbindung zwischen Mensch und Natur, zwischen dem Inneren des Menschen und der äußeren Welt.
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Lizenz und Verwendung
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