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Der Kirchhof

Von

Du stiller Ort, der grünt mit jungem Grase,
Da liegen Mann und Frau, und Kreuze stehn,
Wohin hinaus geleitet Freunde gehn,
Wo Fenster sind glänzend mit hellem Glase.

Wenn glänzt an dir des Himmels hohe Leuchte
Des Mittags, wann der Frühling dort oft weilt,
Wenn geistige Wolke dort, die graue, feuchte,
Wenn sanft der Tag vorbei mit Schönheit eilt!

Wie still ist’s nicht an jener grauen Mauer,
Wo drüber her ein Baum mit Früchten hängt;
Mit schwarzen tauigen, und Laub voll Trauer,
Die Früchte aber sind sehr schön gedrängt.

Dort in der Kirch ist eine dunkle Stille
Und der Altar ist auch in dieser Nacht geringe,
Noch sind darin einige schöne Dinge,
Im Sommer aber singt auf Feldern manche Grille.

Wenn einer dort Reden des Pfarrherrn hört,
Indes die Schar der Freunde steht daneben,
Die mit dem Toten sind, welch eignes Leben
Und welcher Geist, und fromm sein ungestört.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Kirchhof von Friedrich Hölderlin

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Kirchhof“ von Friedrich Hölderlin beschreibt einen stillen und idyllischen Ort der Ruhe, an dem Leben und Tod in einer unaufdringlichen Harmonie miteinander verbunden sind. Der Kirchhof wird als grüner Platz dargestellt, der in der Frühlingssonne erstrahlt, und die dort ruhenden Menschen finden in diesem Friedhof ihren letzten Frieden. Durch die ruhige Atmosphäre, die das Bild des Grases, der Bäume und der glänzenden Fenster vermittelt, entsteht ein Gefühl von Geborgenheit und Ewigkeit.

Die Darstellung des Kirchhofs wird von Hölderlin nicht nur als physischer Raum beschrieben, sondern auch als ein geistiger Ort, der tiefere symbolische Bedeutungen trägt. Der „geistige Wolke“ und der „sanfte Tag“ verweisen auf eine transzendente Dimension, die jenseits der physischen Welt existiert. Der Übergang von Tag zu Nacht, die Frucht des Baumes und das sanfte Licht verweben sich zu einem Bild des Kreislaufs von Leben und Tod, das in einer ruhigen Akzeptanz des natürlichen Vergehens verankert ist.

Besondere Bedeutung hat der Baum mit seinen Früchten, die, obwohl sie von „Trauer“ umgeben sind, dennoch „sehr schön gedrängt“ sind. Dies könnte als Symbol für das Leben verstanden werden, das auch im Angesicht des Todes weiterhin Schönheit und Erfüllung zeigt. Der Kirchhof, als ein Ort der Stille und des Friedens, ist gleichzeitig ein Ort der Erinnerung und des Gebets, wo der Pfarrer mit seinen Reden den Toten gedenkt und die Lebenden daran erinnert, dass der Tod nicht das Ende, sondern nur ein Übergang ist.

Schließlich kontrastiert Hölderlin das ruhige Bild des Kirchhofs mit der lebendigen Tätigkeit des Sommers, der von Grillen und der Freude des Lebens geprägt ist. Die letzte Strophe des Gedichts zeigt, dass trotz der Stille und Dunkelheit des Ortes das Leben und die Erinnerung weitergehen, auch im Angesicht der Dunkelheit und der Trauer. Es ist ein Gedicht, das Trost und Besinnung in den ruhigen Momenten der Erinnerung an die Verstorbenen findet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.