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Höheres Leben

Von

Der Mensch erwählt sein Leben, sein Beschließen,
Von Irrtum frei kennt Weisheit er, Gedanken,
Erinnrungen, die in der Welt versanken,
Und nichts kann ihm der innern Wert verdrießen.

Die prächtige Natur verschönet seine Tage,
Der Geist in ihm gewährt ihm neues Trachten
In seinem Innern oft, und das, die Wahrheit achten,
Und höhern Sinn, und manche seltne Frage.

Dann kann der Mensch des Lebens Sinn auch kennen,
Das Höchste seinem Zweck, das Herrlichste benennen,
Gemäß der Menschheit so des Lebens Welt betrachten,
Und hohen Sinn als höhres Leben achten.

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Gedicht: Höheres Leben von Friedrich Hölderlin

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Höheres Leben“ von Friedrich Hölderlin reflektiert in feierlich-philosophischem Ton über die geistige Bestimmung des Menschen und seine Fähigkeit, durch Einsicht, Erinnerung und innere Tiefe zu einem höheren Lebenssinn zu gelangen. Hölderlin formuliert hier eine idealistische Vorstellung vom Menschen als einem Wesen, das nicht bloß im Irdischen verweilt, sondern durch Erkenntnis und Verbindung zur Wahrheit eine höhere Existenzform anstrebt.

Bereits die erste Strophe hebt das menschliche Vermögen hervor, frei und bewusst sein Leben zu wählen. Der Mensch wird als ein mit Weisheit begabtes Wesen gezeichnet, das Zugang zu tiefen Gedanken und Erinnerungen hat – selbst zu jenen, „die in der Welt versanken“. Diese Zeile verweist auf das Überzeitliche menschlichen Denkens, auf einen geistigen Schatz, der über das bloß Gegenwärtige hinausgeht. Die Formulierung „nichts kann ihm der innern Wert verdrießen“ betont dabei die Unerschütterlichkeit eines solchen inneren Reichtums.

In der zweiten Strophe wird die Verbindung von äußerer und innerer Welt hergestellt: Die Natur „verschönet“ das Leben, doch erst durch den Geist erwächst dem Menschen die Fähigkeit zu neuer Sehnsucht, zur Wahrheitssuche und zum Erkennen tieferer Zusammenhänge. Das „neue Trachten“ im Innern zeigt, dass der Mensch nicht statisch, sondern auf Entwicklung hin angelegt ist. Der Begriff des „höhern Sinns“ kündigt an, dass es um mehr geht als nur sinnliche Erfahrung – es geht um ein ethisch-geistiges Erfassen der Welt.

In der letzten Strophe kulminiert das Gedicht in der Vision eines Menschen, der den „Sinn des Lebens“ erkennen kann. Durch sein Streben nach dem „Höchsten“ und „Herrlichsten“ gelingt ihm ein Zugang zur wahren Bestimmung der menschlichen Existenz. Das „höhere Leben“ ist dabei kein weltfremder Zustand, sondern eine Haltung, die sich aus innerer Klarheit, ethischer Ausrichtung und geistiger Tiefe speist. Hölderlin formuliert hier eine poetische Idee vom Menschen als Wesen zwischen Erde und Geist, das seine höchste Erfüllung in der bewussten, sinnvollen Gestaltung seines Daseins findet.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.