Die Kürze
„Warum bist du so kurz? liebst du, wie vormals, denn
Nun nicht mehr den Gesang? fandst du, als Jüngling, doch,
In den Tagen der Hoffnung,
Wenn du sangest, das Ende nie!“
Wie mein Glück, ist mein Lied. – Willst du im Abendrot
Froh dich baden? hinweg ists! und die Erd ist kalt,
Und der Vogel der Nacht schwirrt
Unbequem vor das Auge dir.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die Kürze“ von Friedrich Hölderlin reflektiert über die Vergänglichkeit des Lebens und die unvermeidliche Veränderung der Gefühle und Wahrnehmungen im Laufe der Zeit. Zu Beginn fragt der Sprecher, warum das Lied des lyrischen Ichs so kurz geworden ist, ob es nicht mehr den „Gesang“ liebt, wie es einst als Jüngling der Fall war. Diese Frage weist auf den Verlust der jugendlichen Unbeschwertheit und der Hoffnung hin, die in den „Tagen der Hoffnung“ erlebte Freude schien unendlich. Der Sprecher stellt fest, dass in jungen Jahren das Ende nie in Sicht war, was den Kontrast zur gegenwärtigen Situation verdeutlicht, in der die Freude und das Leben plötzlich vergänglich erscheinen.
In der zweiten Strophe wird die Veränderung weiter thematisiert, indem der Sprecher mit dem „Abendrot“ eine Metapher für das Älterwerden und das Nahen des Endes verwendet. Das „Abendrot“ steht für den Moment des Verfalls und der Erschöpfung, die unvermeidlich im Leben eintreten, während die Erde „kalt“ wird und die „Vögel der Nacht“ in die Dämmerung eintreten. Diese Bilder verstärken das Gefühl der Vergänglichkeit und des Vergehens. Der „Vogel der Nacht“, der vor dem Auge des Sprechers schwirrt, stellt die Unbequemlichkeit und das Unverständnis der Nacht und des Alterns dar, die für den jungen Menschen oft schwer fassbar und unangenehm sind.
Das Gedicht endet mit einem Hinweis auf die Unaufhaltsamkeit des Lebenszyklus: Wie das Glück, so ist auch das Lied des Sprechers kurz und flüchtig. Hölderlin zeigt hier eine melancholische Einsicht in die Kürze des Lebens und die Vergänglichkeit der Freude und des Gesangs, die einst so endlos schienen. Die metaphorische Bedeutung der „Kürze“ verweist auf das schnelle Vergehen von Schönheit, Jugend und Lebensfreude und erinnert uns an die Bedeutung des Augenblicks und die Akzeptanz der natürlichen Zyklen des Lebens.
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Lizenz und Verwendung
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