Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , ,

Blödigkeit

Von

Sind denn dir nicht bekannt viele Lebendigen?
Geht auf Wahrem dein Fuß nicht, wie auf Teppichen?
Drum, mein Genius! tritt nur
Bar ins Leben, und sorge nicht!

Was geschiehet, es sei alles gelegen dir!
Sei zur Freude gereimt, oder was könnte denn
Dich beleidigen, Herz, was
Da begegnen, wohin du sollst?

Denn, seit Himmlischen gleich Menschen, ein einsam Wild,
Und die Himmlischen selbst führet, der Einkehr zu,
Der Gesang und der Fürsten
Chor, nach Arten, so waren auch

Wir, die Zungen des Volks, gerne bei Lebenden,
Wo sich vieles gesellt, freudig und jedem gleich,
Jedem offen, so ist ja
Unser Vater, des Himmels Gott,

Der den denkenden Tag Armen und Reichen gönnt,
Der, zur Wende der Zeit, uns die Entschlafenden
Aufgerichtet an goldnen
Gängelbanden, wie Kinder, hält.

Gut auch sind und geschickt einem zu etwas wir,
Wenn wir kommen, mit Kunst, und von den Himmlischen
Einen bringen. Doch selber
Bringen schickliche Hände wir.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Blödigkeit von Friedrich Hölderlin

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Blödigkeit“ von Friedrich Hölderlin ist eine nachdenkliche Reflexion über das Leben, das Schicksal und die Rolle des Menschen in der Welt. Zu Beginn fordert der Sprecher seinen „Genius“ auf, „bar ins Leben“ zu treten, was eine Einladung ist, sich ohne Scheu und ohne Rücksicht auf äußere Umstände in das Leben zu stürzen. Es geht darum, das Leben zu akzeptieren, wie es kommt, ohne sich von Schwierigkeiten oder Enttäuschungen beirren zu lassen. Die Haltung, dass „alles gelegen“ sei, stellt die Philosophie dar, dass das Leben in seiner Gesamtheit akzeptiert und in seiner Vielfalt erlebt werden sollte. Diese Weltoffenheit wird als eine Art von Zufriedenheit oder innerer Ruhe beschrieben.

Der Sprecher vergleicht den Menschen mit den „Himmlischen“, die ebenfalls ihre Plätze im Universum haben, aber ihre Wege und Bestimmungen nicht immer verstehen. Die Himmlischen, die eine Art Vorbild für den Menschen darstellen, sind nicht von den gleichen irdischen Sorgen befreit, sondern folgen einer höheren Ordnung, die für den Menschen oft unverständlich bleibt. Gleichzeitig ist der Mensch in diesem Gedicht Teil eines größeren, göttlich geführten Ganzen, das sich sowohl im irdischen Leben als auch im Göttlichen manifestiert. Der „Gesang“ und der „Chor der Fürsten“ symbolisieren dabei den harmonischen Einklang zwischen Mensch und Gott, zwischen dem Profanen und dem Heiligen.

Im mittleren Teil des Gedichts wird der Mensch als ein Teil der „Zungen des Volks“ beschrieben, der sowohl in der Freude als auch in der Gemeinschaft lebt. Hier wird eine universelle Brüderlichkeit zwischen allen Menschen betont, die im Einklang mit der göttlichen Ordnung lebt. Der „Vater des Himmels“ wird als derjenige dargestellt, der allen Menschen – arm oder reich – den gleichen Tag schenkt, was auf die Gleichheit aller Menschen im Angesicht des Göttlichen hinweist. Diese göttliche Allgegenwart sorgt dafür, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Stellung, in das Leben aufgenommen wird und die Möglichkeit erhält, sich zu entfalten.

Am Ende des Gedichts spricht der Sprecher von der Fähigkeit des Menschen, mit Kunst und Handwerk zu wirken, was die schöpferische Kraft des Individuums betont. Doch selbst in dieser Kreativität bleibt der Mensch dem göttlichen Plan untergeordnet und ist nur ein Werkzeug, das die „Hände der Himmlischen“ führt. In dieser Perspektive wird der Mensch nicht nur als passiver Empfänger des Schicksals gesehen, sondern auch als aktiver Teil des göttlichen Spiels, der seinen Platz in der Welt mit Würde und Kunst einnimmt. Hölderlin beschreibt den Menschen als ein Wesen, das sowohl den Göttern als auch der Erde verpflichtet ist, wobei die schöpferische Kraft des Menschen stets in einem göttlichen Kontext verstanden wird.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.