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Verwalte dich selbst

Von

1.
Bist du da, aus weißem Scheitel
Wilde Würde auszuscheinen
Wie die Kerzen, die so eitel
Prunkgemächer zeigen,
Der Gardinen leichter Reigen,
Tische hell gleich lichten Steinen.
Doch das Dunkel will nicht weichen.
Nicht einmal aus dem Gemach.
Nicht die müde Würde,
Nicht des Amtes tief begrüßte Bürde
Müd und matt,
Da man nichts getragen hat.
Ich will Taten,
Taten will ich tun.
Neue Welten tragen.
Schreitend Berge überragen,
Dann bei anderen Menschen ruhen,
Die wie sie auch durchs Leben rollen,
Steigen wollen.
Nichts Eingewickeltes, kein Ehrenkleid
Und keines Ordens nichtiges Geschmeid,
Ich tue nur, verwalte nur mich selbst allein
Und fange an, ein Mensch zu sein.
Ein Mensch, der von der Erde, von dem Himmel
Nimmt und ihnen wiedergibt
Bei dem alldrängend Geistesteilchen wimmelt
Die leuchten wie sie ihn genippt.
Ein großer, der das Ganze zieht aus Teilen
Es gibt ein Fallen, das Gesetz und Weitereilen.
Da ist alles Sehnen
Und das wird treiben,
Da gibt es kein weltüberschreitendes Wähnen
Unfertiges Bleiben.
Da ist kein hohes Weltüberschreiten
Das rasend bewunderte Hütebegleiten
Die Straßen entlang auf beiden Seiten.

Alles nur kein plumpes Graus
Zurück das alles und da wenn ich winke
Lallend stotternd genug das Gebraus.

Bist du da, aus weißem Scheitel
Milde Würde auszuscheinen,
Wie die Kerzen die euch eitel
Prunkgemächer zeigen,
Der Gardinen leichte Reigen,
Tische hell gleich leichten Steinen?

2.
Nein,
Sei und strahle
Die durch dich gegangene Welt
In deinem Striche weiter.
Dann steigen dir von deiner Gäste Mahle
Blitzende Pokale
Dir ferner Liebe Feuerwein.
Blutdunkel schmiegend wärmt.
Und dieses Blut wie Wangen fahl gehärmt,
In nah‘ erloschener Augen neu Geleucht.
Wie eine Mutter die an ihrer Liebe säugt
Das schlummerspielend ungesorgte Kind,
So fühlst du die von dir schon alle steigend sind.

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Gedicht: Verwalte dich selbst von Peter Hille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Verwalte dich selbst“ von Peter Hille thematisiert die Abkehr von äußerem Prunk und leeren gesellschaftlichen Ritualen zugunsten einer selbstbestimmten, innerlich gelebten Menschlichkeit. Bereits im ersten Teil wird die „weiße Würde“ beschrieben, die oberflächlich leuchtet wie Kerzen in „Prunkgemächern“. Doch diese äußere Pracht entpuppt sich als trügerisch: „Doch das Dunkel will nicht weichen“, heißt es, womit Hille die innere Leere der bloßen Repräsentation entlarvt. Die „müde Würde“ und die „Bürde“ des Amtes wirken matt und hohl, da sie ohne wahres Tun, ohne tiefere Taten bleiben.

Das lyrische Ich wendet sich von diesen Äußerlichkeiten ab und fordert „Taten“. Es strebt nach einem aktiven, schöpferischen Leben, das nicht von äußeren Ehrenzeichen oder gesellschaftlicher Anerkennung abhängig ist. Stattdessen will es „neue Welten tragen“ und „Berge überragen“. Die Vision richtet sich auf ein einfaches, aber kraftvolles Selbstverständnis: „Ich tue nur, verwalte nur mich selbst allein / Und fange an, ein Mensch zu sein.“ In dieser Haltung steht der Mensch im Einklang mit der Welt – er nimmt von Erde und Himmel und gibt ihnen zugleich zurück.

Der zweite Teil des Gedichts setzt diesen Gedanken fort, diesmal mit einer stärkeren Betonung der inneren Ausstrahlung. Das lyrische Ich fordert: „Sei und strahle / Die durch dich gegangene Welt“. Es geht darum, das eigene Leben so zu führen, dass die erlebte Welt durch das eigene Sein hindurch wirkt und leuchtet. In dieser Selbstfindung liegt eine große Verantwortung, aber auch eine Wärme und Lebendigkeit, die in der Metapher des „Blutdunkel schmiegend wärmt“ Ausdruck findet. Die Liebe und das Leben selbst sollen in dieser Haltung „Feuerwein“ sein – ein intensives, nährendes Band zwischen Mensch und Welt.

Schließlich endet das Gedicht mit einem stillen, fast mystischen Bild: Das lyrische Ich wird zur Mutterfigur, die ihr „schlummerspielendes ungesorgtes Kind“ nährt und in einer schützenden Geborgenheit hält. So wird das Streben nach innerer Selbstverwaltung zu einem Akt der Verantwortung gegenüber sich selbst und der Welt. „Verwalte dich selbst“ ist somit eine Absage an leere Konventionen und eine Aufforderung zur inneren Größe, zur echten Menschlichkeit und zur schöpferischen Teilnahme am großen Kreislauf des Lebens.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.