Der Garten
Der Mund ist feucht. Und wie bei Fischen breit
Und leuchtet rot in dem toten Garten.
Sein Fuß ist glatt und über den Wegen breit.
Winde gehen hervor aus dem faltigen Kleid.
Er umarmet den Gott, der dünn wie aus Silber
Unter ihm knickt. Und im Rücken die Finger
Legt er ihm schwarz wie haarige Krallen.
Quere Feuer, die aus den Augen fallen.
Schatten gehen und Lichter, manchmal ein Mond.
Ein Gesause der Blätter. Aus warmer Nacht
Trübes Tropfen. Und unten rufen die Hörner
Wandelnder Wächter über der gelben Stadt.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Garten“ von Georg Heym entwirft ein beklemmendes Bild einer zerstörerischen Gewalt, die sich in einer surrealen Gartenlandschaft manifestiert. Der Text ist geprägt von einer beunruhigenden Atmosphäre und einem stark expressiven Sprachgebrauch, der die innere Zerrissenheit und das Unheil, das in der Szene herrscht, widerzuspiegeln scheint. Auffällig ist die Verwendung von düsteren und bedrohlichen Bildern, die den Leser verstören und in den Bann des Gedichts ziehen.
Im Zentrum des Gedichts steht eine Figur, deren Merkmale an groteske und dämonische Züge erinnern. Der „feuchte“ und „breite“ Mund sowie die „schwarzen, haarigen Krallen“ suggerieren eine animalische Wildheit und eine unnatürliche Macht. Diese Figur umarmt einen Gott, der unter dem Druck der Umarmung zerbricht. Dieser Akt der Gewalt ist ein zentrales Motiv und symbolisiert vermutlich den Untergang oder die Zerstörung von etwas Heiligem oder Wertvollem. Die „queren Feuer, die aus den Augen fallen“, verstärken den Eindruck von Zorn und Destruktion, der von der Figur ausgeht.
Die Umgebung des Gartens wird ebenfalls als unheilvoll und bedrohlich beschrieben. Die „toten“ Garten, die „Winde“ aus dem faltigen Kleid des Charakters und das „Gesause der Blätter“ erzeugen eine Atmosphäre der Isolation und des Verfalls. Elemente wie „Schatten“ und „Lichter“, der „Mond“ und „warme Nacht“ deuten auf ein komplexes Spiel von Licht und Dunkelheit hin, das die Ambivalenz der Szene unterstreicht. Die „rufenden Hörner“ der „wandelnden Wächter über der gelben Stadt“ am Ende des Gedichts könnten auf eine Bedrohung von außen oder eine allgemeine gesellschaftliche Unruhe hindeuten, welche die düstere Atmosphäre verstärkt.
Heym nutzt eine expressive Sprache, um die Beklemmung und das Grauen der Szene zu vermitteln. Die Verwendung von ungewöhnlichen Bildern und Vergleichen, wie etwa die Beschreibung des Mundes als „feucht“ und „wie bei Fischen breit“, erzeugt eine verstörende Wirkung. Die Reihung von kurzen, abgehackten Sätzen und die Verwendung von Adjektiven wie „tot“, „schwarz“ und „gelb“ tragen dazu bei, die düstere Stimmung des Gedichts zu verstärken. Insgesamt ist „Der Garten“ ein düsteres und verstörendes Gedicht, das die Themen Gewalt, Zerstörung und den Untergang des Göttlichen auf eindringliche Weise behandelt.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.