Der Geist genügt sich überall
Wo er in rechter Fülle ist
Und schafft Genüge überall,
wo er in rechter Hülle ist.
Der Weg liegt allen offenbar
Doch schwer ist′s ihn zu wandeln,
Wie alle Weisheit leicht und klar,
Doch schwer danach zu handeln!
Der Geist genügt sich überall
Wo er in rechter Fülle ist
Und schafft Genüge überall,
wo er in rechter Hülle ist.
Der Weg liegt allen offenbar
Doch schwer ist′s ihn zu wandeln,
Wie alle Weisheit leicht und klar,
Doch schwer danach zu handeln!
Das Gedicht „Einem jungen Dichter ins Album“ von Friedrich von Bodenstedt ist eine kurze, prägnante Reflexion über die Natur des Geistes und die Schwierigkeit, Wissen in die Tat umzusetzen. Es wendet sich an einen jungen Dichter und bietet ihm philosophische Einsichten, die für jede kreative Bestrebung relevant sind.
Der erste Teil des Gedichts befasst sich mit der Selbstgenügsamkeit des Geistes. Der Dichter betont, dass der Geist, wenn er in „rechter Fülle“ ist, also über ausreichend Inspiration und Erkenntnis verfügt, sich selbst genügen kann und „überall“ Genüge schafft. Die Wiederholung des Wortes „überall“ unterstreicht die Allgegenwart und das schöpferische Potenzial des Geistes. Die Verwendung von „rechter Hülle“ suggeriert, dass der Geist auch eine angemessene Form oder Ausdrucksweise benötigt, um seine volle Kraft zu entfalten. Der Geist braucht sowohl Inhalt als auch Form, um wirksam zu sein.
Der zweite Teil des Gedichts wendet sich der praktischen Umsetzung von Wissen und Weisheit zu. Obwohl der Weg zum Erfolg, also die Umsetzung der eigenen Ideen, „allen offenbar“ liegt, ist es „schwer, ihn zu wandeln“. Diese Zeilen spiegeln eine allgemeine Wahrheit über das Leben wider: Es ist leicht, Erkenntnisse zu gewinnen, aber schwierig, diese Erkenntnisse in die Tat umzusetzen. Die anschließende Analogie zur Weisheit, die „leicht und klar“ erscheint, aber schwer zu befolgen ist, verstärkt diese Botschaft. Der Dichter lenkt somit die Aufmerksamkeit auf die Diskrepanz zwischen theoretischem Wissen und praktischem Handeln.
Das Gedicht lässt sich als eine Ermahnung an den jungen Dichter verstehen, dass Inspiration und Erkenntnis zwar wichtig sind, aber dass die wahre Herausforderung darin besteht, seine Ideen zu verwirklichen und seine Weisheit in die Tat umzusetzen. Bodenstedt ermutigt den jungen Dichter, sich nicht nur auf die Fähigkeit zur Kreativität zu verlassen, sondern auch die Schwierigkeit der praktischen Anwendung zu erkennen und zu meistern. Es ist ein Aufruf, die eigene Kreativität zu nutzen, aber auch die Anstrengung und das Engagement zu verstehen, die nötig sind, um seine Ziele zu erreichen.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.