Doktrin
Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,
Und küsse die Marketenderin!
Das ist die ganze Wissenschaft,
Das ist der Bücher tiefster Sinn.
Trommle die Leute aus dem Schlaf,
Trommle Reveille mit Jugendkraft,
Marschiere trommelnd immer voran,
Das ist die ganze Wissenschaft.
Das ist die Hegelsche Philosophie,
Das ist der Bücher tiefster Sinn!
Ich hab sie begriffen, weil ich gescheit,
Und weil ich ein guter Tambour bin.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Doktrin“ von Heinrich Heine ist eine satirische Auseinandersetzung mit der Philosophie und den Ideologien seiner Zeit, insbesondere mit der Hegelschen Philosophie, die er in einem spöttischen Licht darstellt. Heine nutzt das Bild des Tambours, der mit seiner Trommel die Menschen zu einer scheinbar bedeutungslosen, aber unaufhörlichen Marschbewegung antreibt, um die oberflächliche Rhetorik und das Dogma der Philosophie zu kritisieren. Die wiederholte Aufforderung „Schlage die Trommel und fürchte dich nicht“ steht dabei als symbolische Aufforderung, sich der Doktrin blind zu unterwerfen, ohne nach der tieferen Bedeutung zu fragen.
Heine entlarvt die Wissenschaft und Philosophie als leere Phrasen, die in seinem Gedicht von einer einfachen Trommelwirbel begleitet werden. Die „tiefsten Bücher“ und der „tiefste Sinn“ der Hegelschen Philosophie werden durch den Satz „Das ist die ganze Wissenschaft“ auf eine triviale und banale Ebene heruntergebrochen. Der Tambour, der die Menschen marschierend und ohne zu hinterfragen vorantreibt, symbolisiert den Mechanismus, durch den Philosophie und Wissenschaft als autoritäre und dogmatische Kräfte in die Gesellschaft getragen werden.
Die Hegelsche Philosophie wird von Heine mit einem spöttischen Ton dargestellt, indem er sie als „die ganze Wissenschaft“ und den „tiefsten Sinn“ bezeichnet, nur um zu zeigen, dass sie in Wirklichkeit nichts mehr ist als eine Form der Selbsttäuschung und des leeren Formalismus. Die Zeile „Ich hab sie begriffen, weil ich gescheit, / Und weil ich ein guter Tambour bin“ bringt Heines Ironie auf den Punkt: Der Tambour, der die Trommel schlägt, mag sich für weise halten, doch tatsächlich sind es nur die oberflächlichen Handlungen, die zählen, während der tiefere Sinn unbemerkt bleibt.
In diesem Gedicht nutzt Heine seine charakteristische Mischung aus Humor und scharfer Kritik, um die Absurdität von Philosophie und Ideologie zu verdeutlichen. Er stellt die „Wissenschaft“ und die „Philosophie“ als leere Rituale dar, die der Gesellschaft aufgezwungen werden, ohne dass ein echtes Verständnis für ihre Bedeutung entsteht. Die wiederholte Betonung des Trommelns symbolisiert die mechanische und unreflektierte Weitergabe von Ideologien, die, obwohl sie sich tiefgründig geben, oft nichts anderes sind als leere, aufdringliche Geräusche.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.