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An Neuffer
Noch kehrt in mich der süße Frühling wieder,
Noch altert nicht mein kindisch fröhlich Herz,
Noch rinnt vom Auge mir der Thau der Liebe nieder
Noch lebt in mir der Hoffnung Lust und Schmerz.
Noch tröstet mich mit süßen Augenwinken
Der blaue Himmel und die grüne Flur,
Mir reicht die Göttliche den Taumelkelch der Freude.
Die jugendliche freundliche Natur.
Getrost, es ist der Schmerzen werth, dies Leben,
So lang uns Armen Gottes Sonne scheint,
Und Bilder beßrer Zeit um unsre Seele schweben,
Und, ach, mit uns ein treues Auge weint.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An Neuffer“ von Friedrich Hölderlin ist eine Ode an die Jugend, die Natur und die Hoffnung, durchzogen von einem tiefen Gefühl der Verbundenheit und dem Bewusstsein des Leids, das untrennbar mit dem Leben verbunden ist. Der Titel deutet auf eine Widmung an einen Freund oder eine Vertraute, was dem Gedicht eine persönliche Note verleiht und die intime Reflexion des lyrischen Ichs unterstreicht. Die Struktur des Gedichts, mit seinen zwei Quartetten und einem abschließenden Terzett, spiegelt einen aufsteigenden Bogen wider, der von der Freude und dem Enthusiasmus der Jugend zur Akzeptanz der Schmerzen und der Sehnsucht nach besseren Zeiten führt.
In den ersten acht Versen feiert Hölderlin die Unbeschwertheit und die Schönheit des Lebens. Die Wiederkehr des „süßen Frühlings“ im lyrischen Ich symbolisiert eine andauernde Jugendlichkeit, die sich in der Unberührtheit des Herzens und dem „Thau der Liebe“ manifestiert. Die Natur, mit ihrem blauen Himmel und der grünen Flur, wird als Quelle des Trostes und der Freude erlebt. Sie wird personifiziert, indem sie dem lyrischen Ich den „Taumelkelch der Freude“ reicht, was die enge Verbindung des Menschen mit der Natur und die Ekstase der Jugend zum Ausdruck bringt. Die Verwendung von Begriffen wie „kindisch fröhlich Herz“ und „jugendlich freundliche Natur“ betont die kindliche Unschuld und die lebendige Energie, die das Gedicht durchziehen.
Das abschließende Terzett stellt einen Kontrast dar, indem es das Leid als integralen Bestandteil des Lebens anerkennt. Die Erkenntnis, dass das Leben trotz seiner Schmerzen „der Schmerzen werth“ ist, zeugt von einer reifen Perspektive. Die Hoffnung, die in der Verbundenheit mit der „Gottes Sonne“ und den „Bildern beßrer Zeit“ zum Ausdruck kommt, wird durch das Bild eines „treuen Auges“ ergänzt, das mit dem lyrischen Ich weint. Dieses Bild deutet auf eine tiefe Empathie und die Anerkennung der geteilten menschlichen Erfahrung von Freude und Leid hin, wobei die Tränen als Ausdruck der Verbundenheit und des Mitgefühls gedeutet werden können.
Insgesamt ist „An Neuffer“ ein Gedicht, das die Ambivalenz des menschlichen Daseins erfasst. Es feiert die Schönheit der Jugend und der Natur, während es gleichzeitig die unausweichliche Präsenz von Leid und Schmerz akzeptiert. Hölderlin verbindet die Freude und die Trauer, die Hoffnung und die Sehnsucht, um ein tiefgründiges Verständnis des Lebens zu vermitteln. Die Verwendung einfacher, aber eindrucksvoller Bilder und eine klare, melodische Sprache machen das Gedicht zu einem ergreifenden Ausdruck menschlicher Erfahrung.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.