Fleißig hämmert der Schmied, mein Nachbar, da naht sich bedächtig
Ihm der heischende Mönch, willig auch reicht ihm der Mann,
Den er noch kaum verdient durch frühe Arbeit, den Groschen,
Und es beut ihm der Mönch einen gedoppelten Dank,
Erst die Madonna zum Kuß und dann die Dose zum Schnupfen,
Jener küßt und nimmt ruhig die Prise darauf.
Neapolitanisches Bild
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Neapolitanisches Bild“ von Friedrich Hebbel skizziert in wenigen Zeilen eine Szene des Alltags in Neapel, die von Arbeit, Religion und dem Genuss von Genussmitteln geprägt ist. Es eröffnet mit dem geschäftigen Treiben des Schmieds, dessen Arbeit durch das „fleißige Hämmern“ charakterisiert wird. Diese einleitende Beschreibung etabliert sofort eine Atmosphäre von Betriebsamkeit und Aktivität, die durch das nachfolgende Zusammentreffen mit dem Mönch kontrastiert wird.
Die Ankunft des Mönchs unterbricht das geschäftige Treiben des Schmieds. Der Mönch erscheint als eine Figur, die von der Arbeit des Schmieds profitiert, indem er ihn um Geld bittet. Bemerkenswert ist die Reaktion des Schmieds, der „willig“ gibt, was auf eine freundliche und vielleicht sogar großzügige Einstellung schließen lässt. Die anschließende Geste des Mönchs, dem Schmied als Gegenleistung erst die Madonna zum Küssen und dann die Dose zum Schnupfen anzubieten, deutet auf eine gewisse Ausgewogenheit zwischen weltlichem Vergnügen und religiöser Verehrung hin.
Die Szene zeichnet sich durch eine besondere Parallelität aus. Zuerst die Religion, die durch die Madonna und den Kuss symbolisiert wird, gefolgt vom weltlichen Genuss, repräsentiert durch die Prise Schnupftabak. Hebbel stellt diese beiden Elemente nicht als Gegensätze dar, sondern als miteinander verwobene Teile des Lebens. Der Mönch, als Repräsentant der Kirche, verbindet in seiner Handlung beide Aspekte. Die „ruhig“ eingenommene Prise Schnupftabak unterstreicht die Gelassenheit und Normalität dieser Verbindung.
Insgesamt ist das Gedicht ein kurzes, aber aussagekräftiges Porträt des Lebens in Neapel. Es fängt die Atmosphäre einer Gesellschaft ein, in der Arbeit, Frömmigkeit und Genuss auf natürliche Weise nebeneinander existieren. Die knappe, präzise Sprache des Gedichts und die sorgfältige Auswahl der Details schaffen ein lebendiges Bild, das einen Einblick in die komplexen Verflechtungen des menschlichen Lebens in einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort bietet. Es lädt den Leser ein, über die scheinbar einfachen Szenen hinaus die tieferen Schichten des menschlichen Daseins zu betrachten.
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