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Knabentod

Von

Vom Berg der Knab′,
Der zieht hinab
In heißen Sommertagen;
Im Tannenwald,
Da macht er Halt,
Er kann sich kaum noch tragen.

Den wilden Bach,
Er sieht ihn jach
Ins Tal herunter schäumen;
Ihn dürstet sehr,
Nun noch viel mehr:
Nur hin! Wer würde säumen!

Da ist die Flut!
O in der Glut,
Was kann so köstlich blinken!
Er schöpft und trinkt,
Er stürzt und sinkt
Und trinkt noch im Versinken!

Das Lied ist aus,
Und macht′s dir Graus:
Wer wird′s im Winter singen!
Zur Sommerzeit
Bist du bereit,
Dem Knaben nachzuspringen.

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Gedicht: Knabentod von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Knabentod“ von Friedrich Hebbel erzählt in drei Strophen vom Tod eines Knaben, der an einem heißen Sommertag von einem Berg ins Tal steigt und im kühlen, erfrischenden Wasser eines Baches seinen Durst stillt. Die Sprache ist einfach und direkt, mit kurzen Sätzen und klaren Bildern, die das Geschehen vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden lassen. Die ersten beiden Strophen schildern den Weg des Knaben und seine Sehnsucht nach Erfrischung, während die dritte Strophe das tragische Ende beschreibt: Der Knabe stürzt ins Wasser, trinkt, sinkt und stirbt.

Die Interpretation des Gedichts lässt sich auf mehreren Ebenen vornehmen. Einerseits erzählt es eine simple Geschichte von einem Unfall, der durch Überanstrengung und Hitze ausgelöst wird. Die Natur, die zunächst als Quelle der Erfrischung erscheint, wird so zum Schauplatz des Todes. Andererseits kann der „Knabentod“ als Metapher für den Verlust der Unschuld, die Vergänglichkeit des Lebens und die Sehnsucht nach dem Unbekannten gedeutet werden. Der Abstieg vom Berg symbolisiert den Übergang von einer Welt der Sicherheit und Geborgenheit in eine Welt der Gefahr und des Abenteuers.

Die letzte Strophe, in der das „Lied“ des Knaben verstummt und die Frage nach dem Wintergesang gestellt wird, unterstreicht die Thematik des Todes und der Vergänglichkeit. Der Winter steht hier als Symbol für die kalte, stille Zeit, in der die Lebendigkeit des Sommers und des Knaben, der im Sommer starb, erloschen ist. Die Frage, wer das Lied im Winter singen wird, wirft eine tiefe Melancholie und die Ahnung des Verlustes auf. Die letzte Zeile „Zur Sommerzeit / Bist du bereit, / Dem Knaben nachzuspringen.“ fordert den Leser auf, sich mit dem Tod des Knaben zu identifizieren, als ob er selbst die Erfahrung des Todes nachempfinden soll.

Das Gedicht ist somit ein komplexes Gebilde, das über die einfache Erzählung hinausgeht und zum Nachdenken über Leben und Tod, Natur und Menschlichkeit anregt. Hebbel nutzt die einfachen Mittel der Sprache, um eine tiefgreifende emotionale Wirkung zu erzielen und den Leser in einen Zustand der Trauer und des Nachdenkens zu versetzen. Der „Knabentod“ ist ein eindringliches Beispiel für die Fähigkeit der Lyrik, existentielle Fragen auf poetische Weise zu behandeln.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.