Hast du begriffen, warum die Wanzen und Flöhe entstehen,
Fluchst du nicht mehr der Natur, daß sie sie schafft, wie dich selbst,
Dann bekämpfe sie einzeln und warte nicht, bis sie dich stechen:
Duldung gebührt dem Geschlecht, schärfste Verfolgung dem Glied.
Devise für Kunst und Leben
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Devise für Kunst und Leben“ von Friedrich Hebbel ist eine prägnante Aufforderung, das Leben und die Kunst nach einem Prinzip der Differenzierung und aktiven Auseinandersetzung zu gestalten. Es beginnt mit einer Frage, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint: „Hast du begriffen, warum die Wanzen und Flöhe entstehen?“. Diese Frage dient als Ausgangspunkt, um eine tiefere Einsicht in die Natur und das Leben zu erlangen.
Der zweite Vers, „Fluchst du nicht mehr der Natur, daß sie sie schafft, wie dich selbst,“ impliziert eine Akzeptanz der Natur als Ganzes, einschließlich ihrer scheinbar unschönen oder lästigen Aspekte. Die Natur, so die Botschaft, schafft sowohl das „Böse“ (die Wanzen und Flöhe) als auch das „Gute“ (den Menschen). Diese Erkenntnis soll zu einer veränderten Haltung führen, nämlich zur Vermeidung von pauschaler Verurteilung und zur Entwicklung einer differenzierten Sichtweise. Der Fluch, der Ausdruck von Ablehnung und Widerstand, soll durch das Verständnis und die Akzeptanz ersetzt werden.
Der Kern der Botschaft wird in den letzten beiden Zeilen deutlich: „Dann bekämpfe sie einzeln und warte nicht, bis sie dich stechen: / Duldung gebührt dem Geschlecht, schärfste Verfolgung dem Glied.“ Hier wird das Prinzip der differenzierten Behandlung konkretisiert. Es geht nicht darum, die Natur als Ganzes zu verdammen, sondern sich auf die einzelnen Erscheinungen zu konzentrieren. Die „Wanzen und Flöhe“ stehen sinnbildlich für negative oder störende Elemente im Leben. Die „Duldung dem Geschlecht“ deutet darauf hin, dass man die Gesamtheit, die Natur, das Kollektiv, akzeptieren soll, während die „schärfste Verfolgung dem Glied“ die aktive Bekämpfung des Einzelnen, des konkreten Übels, fordert.
Hebbel plädiert also für eine aktive Auseinandersetzung mit der Welt. Es geht nicht darum, passiv zu leiden oder sich dem Unvermeidlichen zu ergeben, sondern darum, das Individuelle, das Konkrete zu analysieren und zu bekämpfen. In der Kunst bedeutet dies, sich nicht mit allgemeinen Prinzipien zu begnügen, sondern sich den Details, den spezifischen Problemen und Konflikten zu widmen. Im Leben bedeutet es, nicht zu verallgemeinern, sondern sich den einzelnen Herausforderungen und Schwierigkeiten zu stellen, anstatt passiv auf eine globale Lösung zu warten. Das Gedicht ist somit eine Anleitung zur bewussten Gestaltung von Kunst und Leben, indem man die Prinzipien des Verstehens, der Differenzierung und der aktiven Bekämpfung des Einzelnen anwendet.
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Lizenz und Verwendung
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