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An den Künstler

Von

Ob du auch bilden magst, was unvergänglich
Durch alle Zeiten wandeln soll und glänzen,
Doch wird dich die, in der du lebst, nicht kränzen,
Sie wird dir trotzen, stumpf und unempfänglich.

Die Menschheit, schon an sich so unzulänglich,
Kann sich in ihren enggesteckten Gränzen
Nicht einmal aus dem Zauberquell ergänzen,
Der aus ihr selbst hervor bricht, überschwänglich.

Beklage es, doch einzig ihrethalben,
Die mit dem Nicht-Genießen dies Verkennen
Zu theuer büßt, und nimmer deinetwegen;

Denn, wollte sie dich gleich zum König salben,
So würden dich die Zweifel nicht mehr brennen,
Durch die du zahlst für aller Götter Segen!

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Gedicht: An den Künstler von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An den Künstler“ von Friedrich Hebbel thematisiert die oft konfliktreiche Beziehung zwischen dem schöpferischen Künstler und der ihn umgebenden Gesellschaft. Der Künstler wird als jemand beschrieben, der Werke von zeitloser Bedeutung erschafft, doch bleibt ihm die Anerkennung durch seine Zeitgenossen oft verwehrt. Die Gesellschaft zeigt sich „trotzig, stumpf und unempfänglich“ gegenüber der künstlerischen Schöpfung, die über den Augenblick hinausweist.

Hebbel stellt die Menschheit als beschränkt und unvollkommen dar. Obwohl sie selbst den „Zauberquell“ der Kunst in sich trägt, vermag sie es nicht, daraus zu schöpfen und dessen Wert zu erkennen. Der Künstler hingegen erschließt diesen Quell und bringt Großes hervor, doch bleibt die Resonanz aus. Die „enggesteckten Gränzen“ der Menschheit symbolisieren die geistige Enge und die Unfähigkeit, Kunst in ihrer Tiefe zu erfassen und zu würdigen.

Die Aufforderung, das zu beklagen, richtet sich nicht an den Künstler selbst, sondern gilt dem Verlust der Gesellschaft, die durch ihr Unverständnis etwas Kostbares versäumt. Der Künstler selbst wird letztlich als unabhängig von äußerer Anerkennung dargestellt. Selbst wenn er „zum König gesalbt“ würde, blieben die inneren Zweifel bestehen. Hebbel zeigt damit die existentielle Einsamkeit des Künstlers, der zwar von einer höheren Schaffenskraft beseelt ist, aber auch den Preis dafür zahlt – in Form von Selbstzweifeln und innerer Zerrissenheit.

Das Gedicht thematisiert so das Spannungsfeld zwischen Genie und Gesellschaft, zwischen schöpferischem Höhenflug und menschlicher Begrenztheit. Hebbel spricht aus der Sicht eines tief reflektierenden Künstlers, der erkennt, dass wahrhafte Inspiration und künstlerische Größe oft auch eine Last sein können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.